Gruppe Krisis: Manifest gegen die Arbeit
Erschienen 31.12.1999 durch Robert Kurz aus der Gruppe Krisis.
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1. Die Herrschaft der toten ArbeitEin Leichnam beherrscht die Gesellschaft – der Leichnam der Arbeit. Alle Mächte rund um den Globus haben sich zur Verteidigung dieser Herrschaft verbündet: Der Papst und die Weltbank, Tony Blair und Jörg Haider, Gewerkschaften und Unternehmer, deutsche Ökologen und französische Sozialisten. Sie alle kennen nur eine Parole: Arbeit, Arbeit, Arbeit!
Wer das Denken noch nicht verlernt hat, erkennt unschwer die Bodenlosigkeit dieser Haltung. Denn die von der Arbeit beherrschte Gesellschaft erlebt keine vorübergehende Krise, sie stößt an ihre absolute Schranke. Die Reichtumsproduktion hat sich im Gefolge der mikroelektronischen Revolution immer weiter von der Anwendung menschlicher Arbeitskraft entkoppelt – in einem Ausmaß, das bis vor wenigen Jahrzehnten nur in der Science-fiction vorstellbar war. Niemand kann ernsthaft behaupten, daß dieser Prozeß noch einmal zum Stehen kommt oder gar umgekehrt werden kann. Der Verkauf der Ware Arbeitskraft wird im 21. Jahrhundert genauso aussichtsreich sein wie im 20. Jahrhundert der Verkauf von Postkutschen. Wer aber in dieser Gesellschaft seine Arbeitskraft nicht verkaufen kann, gilt als „überflüssig“ und wird auf der sozialen Müllhalde entsorgt.
Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen! Dieser zynische Grundsatz gilt noch immer – und heute mehr denn je, gerade weil er hoffnungslos obsolet wird. Es ist absurd: Die Gesellschaft war niemals so sehr Arbeitsgesellschaft wie in einer Zeit, in der die Arbeit überflüssig gemacht wird. Gerade in ihrem Tod entpuppt sich die Arbeit als totalitäre Macht, die keinen anderen Gott neben sich duldet. Bis in die Poren des Alltags und bis in die Psyche hinein bestimmt sie das Denken und Handeln. Es wird kein Aufwand gescheut, um das Leben des Arbeitsgötzen künstlich zu verlängern. Der paranoide Schrei nach „Beschäftigung“ rechtfertigt es, die längst erkannte Zerstörung der Naturgrundlagen sogar noch zu forcieren. Die letzten Hindernisse für die totale Kommerzialisierung aller sozialen Beziehungen dürfen kritiklos hinweggeräumt werden, wenn ein paar elende „Arbeitsplätze“ in Aussicht stehen. Und der Satz, es sei besser, „irgendeine“ Arbeit zu haben als keine, ist zum allgemein abverlangten Glaubensbekenntnis geworden.
Je unübersehbarer es wird, daß die Arbeitsgesellschaft an ihrem definitiven Ende angelangt ist, desto gewaltsamer wird dieses Ende aus dem öffentlichen Bewußtsein verdrängt. So unterschiedlich die Methoden der Verdrängung auch sein mögen, sie haben einen gemeinsamen Nenner: Die weltweite Tatsache, daß sich die Arbeit als irrationaler Selbstzweck erweist, der sich selber obsolet gemacht hat, wird mit der Sturheit eines Wahnsystems in das persönliche oder kollektive Versagen von Individuen, Unternehmen oder „Standorten“ umdefiniert. Die objektive Schranke der Arbeit soll als subjektives Problem der Herausgefallenen erscheinen.
Gilt den einen die Arbeitslosigkeit als Produkt überzogener Ansprüche, fehlender Leistungsbereitschaft und Flexiblität, so werfen die anderen „ihren“ Managern und Politikern Unfähigkeit, Korruption, Gewinnsucht oder Standortverrat vor. Und schließlich sind sich alle mit Ex-Bundespräsident Roman Herzog einig: Es müsse ein sogenannter „Ruck“ durch das Land gehen, ganz so, als handelte es sich um das Motivationsproblem einer Fußballmannschaft oder einer politischen Sekte. Alle sollen sich „irgendwie“ gewaltig am Riemen reißen, auch wenn der Riemen längst abhanden gekommen ist, und alle sollen „irgendwie“ kräftig anpacken, auch wenn es gar nichts mehr (oder nur noch Unsinniges) zum Anpacken gibt. Der Subtext dieser unfrohen Botschaft ist unmißverständlich: Wer trotzdem nicht die Gnade des Arbeitsgötzen findet, ist selber schuld und kann mit gutem Gewissen abgeschrieben oder abgeschoben werden.
Dasselbe Gesetz des Menschenopfers gilt im Weltmaßstab. Ein Land nach dem anderen wird unter den Rädern des ökonomischen Totalitarismus zermalmt und beweist damit immer nur das eine: Es hat sich an den sogenannten Marktgesetzen vergangen. Wer sich nicht bedingungslos und ohne Rücksicht auf Verluste dem blinden Lauf der totalen Konkurrenz „anpaßt“, den bestraft die Logik der Rentabilität. Die Hoffnungsträger von heute sind der Wirtschaftsschrott von morgen. Die herrschenden ökonomischen Psychotiker lassen sich dadurch in ihrer bizarren Welterklärung nicht im geringsten erschüttern. Drei Viertel der Weltbevölkerung sind bereits mehr oder weniger zum sozialen Abfall erklärt worden. Ein „Standort“ nach dem anderen stürzt ab. Nach den desaströsen „Entwicklungsländern“ des Südens und nach der staatskapitalistischen Abteilung der Weltarbeitsgesellschaft im Osten sind die marktwirtschaftlichen Musterschüler Südostasiens ebenso im Orkus des Zusammenbruchs verschwunden. Auch in Europa breitet sich längst die soziale Panik aus. Die Ritter von der traurigen Gestalt in Politik und Management aber setzen ihren Kreuzzug im Namen des Arbeitsgötzen nur umso verbissener fort.
Jeder muß von seiner Arbeit leben können, heißt der aufgestellte Grundsatz. Das Lebenkönnen ist sonach durch die Arbeit bedingt, und es gibt kein solches Recht, wo die Bedingung nicht erfüllt worden. (Johann Gottlieb Fichte, Grundlagen des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, 1797)
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2. Die neoliberale ApartheidsgesellschaftEine auf das irrationale Abstraktum Arbeit zentrierte Gesellschaft entwickelt zwangsläufig die Tendenz zur sozialen Apartheid, wenn der erfolgreiche Verkauf der Ware Arbeitskraft von der Regel zur Ausnahme wird. Alle Fraktionen des parteiübergreifenden Arbeits-Lagers haben diese Logik längst klammheimlich akzeptiert und helfen selber kräftig nach. Sie streiten nicht mehr darüber, ob immer größere Teile der Bevölkerung an den Rand gedrängt und von jeder gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden, sondern nur noch darüber, wie diese Selektion durchgepeitscht werden soll.
Die neoliberale Fraktion überläßt das schmutzige sozialdarwinistische Geschäft vertrauensvoll der „unsichtbaren Hand“ des Marktes. In diesem Sinne werden die sozialstaatlichen Netze abgebaut, um all diejenigen möglichst geräuschlos zu marginalisieren, die in der Konkurrenz nicht mehr mithalten können. Als Mensch wird nur noch anerkannt, wer zur Bruderschaft der feixenden Globalisierungsgewinnler gehört. Alle Ressourcen des Planeten werden ganz selbstverständlich für die kapitalistische Selbstzweckmaschine usurpiert. Wenn sie dafür nicht mehr rentabel mobilisierbar sind, müssen sie brachliegen, selbst wenn daneben ganze Populationen dem Hunger anheimfallen.
Zuständig für den lästigen „Humanmüll“ sind die Polizei, die religiösen Erlösungssekten, die Mafia und die Armenküchen. In den USA und in den meisten Staaten Mitteleuropas sitzen inzwischen mehr Menschen im Gefängnis als in jeder durchschnittlichen Militärdiktatur. Und in Lateinamerika werden täglich mehr Straßenkinder und andere Arme von marktwirtschaftlichen Todesschwadronen gekillt als Oppositionelle in den Zeiten der schlimmsten politischen Repression. Nur noch eine gesellschaftliche Funktion bleibt den Ausgestoßenen: die des abschreckenden Beispiels. Ihr Schicksal soll alle, die sich bei der arbeitsgesellschaftlichen „Reise nach Jerusalem“ noch im Rennen befinden, im Kampf um die letzten Plätze immer weiter anstacheln und selbst noch die Masse der Verlierer in hektischer Bewegung halten, damit sie gar nicht erst auf den Gedanken kommen, gegen die unverschämten Zumutungen zu rebellieren.
Doch auch um den Preis der Selbstaufgabe sieht die schöne neue Welt der totalitären Marktwirtschaft für die meisten nur noch einen Platz als Schattenmenschen in der Schattenwirtschaft vor. Sie haben sich als Billigstarbeiter und demokratische Sklaven der „Dienstleistungsgesellschaft“ den besserverdienenden Globalisierungsgewinnlern demütig anzudienen. Die neuen „arbeitenden Armen“ dürfen den restlichen Business-Men der sterbenden Arbeitsgesellschaft die Schuhe putzen, ihnen verseuchte Hamburger verkaufen oder ihre Einkaufszentren bewachen. Wer sein Gehirn an der Garderobe abgegeben hat, kann dabei sogar vom Aufstieg zum Service-Millionär träumen.
In den angelsächsischen Ländern ist diese Horror-Welt für Millionen bereits Realität, in der Dritten Welt und in Osteuropa sowieso; und in Euro-Land zeigt man sich entschlossen, den bestehenden Rückstand zügig aufzuholen. Die einschlägigen Wirtschaftsblätter machen jedenfalls längst kein Geheimnis mehr daraus, wie sie sich die ideale Zukunft der Arbeit vorstellen: Die Kinder der Dritten Welt, die an verpesteten Straßenkreuzungen die Scheiben der Autos putzen, sind das leuchtende Vorbild „unternehmerischer Initiative“, an dem sich die Arbeitslosen in der hiesigen „Dienstleistungswüste“ gefälligst zu orientieren haben. „Das Leitbild der Zukunft ist das Individuum als Unternehmer seiner Arbeitskraft und Daseinsvorsorge“ schreibt die „Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen“. Und: „Die Nachfrage nach einfachen personenbezogenen Diensten ist umso größer, je weniger die Dienste kosten, und das heißt die Dienstleister verdienen.“ In einer Welt, in der es noch menschliche Selbstachtung gibt, müßte diese Aussage den sozialen Aufstand provozieren. In einer Welt von domestizierten Arbeitstieren wird sie nur ein hilfloses Nicken hervorrufen.
Der Gauner hatte die Arbeit zerstört, trotzdem aber den Lohn eines Arbeiters sich weggenommen; nun soll er arbeiten ohne Lohn, dabei aber den Segen des Erfolgs und Gewinnes selbst in der Kerkerzelle ahnen. […] Er soll zur sittlichen Arbeit als einer freien persönlichen Tat erzogen werden durch Zwangsarbeit. (Wilhelm Heinrich Riehl, Die deutsche Arbeit, 1861)
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3. Die neo-sozialstaatliche ApartheidDie anti-neoliberalen Fraktionen des gesamtgesellschaftlichen Arbeits-Lagers mögen sich zwar mit dieser Perspektive nicht so recht anfreunden, aber gerade für sie steht unverrückbar fest, daß ein Mensch ohne Arbeit kein Mensch ist. Nostalgisch auf die Nachkriegsära fordistischer Massenarbeit fixiert, haben sie nichts anderes im Sinn, als diese verflossenen Zeiten der Arbeitsgesellschaft neu zu beleben. Der Staat soll doch noch einmal richten, wozu der Markt nicht mehr in der Lage ist. Die vermeintliche arbeitsgesellschaftliche Normalität soll durch „Beschäftigungsprogramme“, kommunale Zwangsarbeit für Sozialhilfeempfänger, Standortsubventionen, Verschuldung und andere politische Maßnahmen weitersimuliert werden. Dieser halbherzig aufgewärmte Arbeits-Etatismus hat zwar nicht den Hauch einer Chance, trotzdem bleibt er ideologischer Bezugspunkt für breite, vom Absturz bedrohte Bevölkerungsschichten. Und gerade in ihrer Hoffnungslosigkeit ist die daraus resultierende Praxis alles andere als emanzipatorisch.
Die ideologische Verwandlung der „knappen Arbeit“ ins erste Bürgerrecht schließt konsequent alle Nicht-Staatsbürger aus. Die soziale Selektionslogik wird also nicht in Frage gestellt, sondern nur anders definiert: Der individuelle Überlebenskampf soll durch ethnisch-nationalistische Kriterien entschärft werden. „Inländische Tretmühlen nur für Inländer“, schreit es aus der Volksseele, die in der perversen Liebe zur Arbeit noch einmal zur Volksgemeinschaft findet. Der Rechtspopulismus macht aus dieser Schlußfolgerung keinerlei Hehl. Seine Kritik an der Konkurrenzgesellschaft läuft nur auf die ethnische Säuberung in den schrumpfenden Zonen des kapitalistischen Reichtums hinaus.
Dagegen will der gemäßigte Nationalismus sozialdemokratischer oder grüner Prägung zwar die alteingesessenen Arbeitsimmigranten als Inländer gelten lassen und bei kratzfüßigem Wohlverhalten und garantierter Harmlosigkeit sogar zu Staatsbürgern machen. Doch die verschärfte Ausgrenzung von Flüchtlingen aus Ost und Süd kann dadurch nur umso besser populistisch legitimiert und umso geräuschloser betrieben werden – natürlich stets verborgen hinter einem Wortschwall von Humanität und Zivilität. Die Menschenjagd auf „Illegale“, die sich an inländische Arbeitsplätze heranschleichen wollen, soll möglichst keine häßlichen Blut- und Brandflecken auf deutschem Boden hinterlassen. Dafür gibt es den Grenzschutz, die Polizei und die Pufferländer von Schengenland, die alles ganz nach Recht und Gesetz und am besten fernab aller Fernsehkameras erledigen.
Die staatliche Arbeits-Simulation ist schon von Haus aus gewalttätig und repressiv. Sie steht für den unbedingten Willen, die Herrschaft des Arbeitsgötzen auch nach seinem Tod mit allen verfügbaren Mitteln aufrechtzuerhalten. Dieser arbeitsbürokratische Fanatismus läßt die Herausgefallenen, die Arbeits- und Chancenlosen und all diejenigen, die sich aus gutem Grund der Arbeit verweigern, nicht einmal in den ohnehin schon erbärmlich engen Rest-Nischen des abgerissenen Sozialstaats zur Ruhe kommen. Sie werden von Sozialarbeitern und Arbeitsvermittlerinnen ins Licht der staatlichen Verhörlampen gezerrt und zu einem öffentlichen Kotau vor dem Thron des herrschenden Leichnams gezwungen.
Gilt vor Gericht normalerweise der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“, so hat sich hier die Beweislast umgekehrt. Wollen sie künftig nicht von Luft und christlicher Nächstenliebe leben, dann müssen die Herausgefallenen jede Schmutz- und Sklavenarbeit und jede noch so absurde „Beschäftigungsmaßnahme“ akzeptieren, um ihre bedingungslose Arbeitsbereitschaft zu demonstrieren. Ob das, was sie zu tun bekommen, auch nur im entferntesten einen Sinn hat oder der schieren Absurdität verfällt, ist dabei vollkommen egal. Nur in permanenter Bewegung sollen sie bleiben, damit sie niemals vergessen, nach welchem Gesetz sich ihre Existenz zu vollziehen hat.
Früher haben Menschen gearbeitet, um Geld zu verdienen. Heute scheut der Staat keine Kosten, damit Hunderttausende in absonderlichen „Trainingswerkstätten“ oder „Beschäftigungsfirmen“ die verschwundene Arbeit simulieren und sich fit für reguläre „Arbeitsplätze“ machen, die sie nie erhalten werden. Immer neue und immer dümmere „Maßnahmen“ werden erfunden, nur um den Schein zu wahren, daß die leerlaufende gesellschaftliche Tretmühle bis in alle Ewigkeit in Gang bleiben kann. Je sinnloser der Arbeitszwang wird, desto brutaler soll den Menschen ins Hirn gehämmert werden, daß es kein Brötchen umsonst gibt.
In dieser Hinsicht erweisen sich „New Labour“ und seine Nachahmer überall in der Welt als durchaus kompatibel mit dem neoliberalen Modell der sozialen Selektion. Durch die Simulation von „Beschäftigung“ und das Vorgaukeln einer positiven Zukunft der Arbeitsgesellschaft wird die moralische Legitimation geschaffen, umso härter gegen Arbeitslose und Arbeitsverweigerer vorzugehen. Gleichzeitig drücken staatlicher Arbeitszwang, Lohnsubventionen und sogenannte „ehrenamtliche Bürgerarbeit“ die Arbeitskosten immer weiter nach unten. So wird der wuchernde Sektor von Billiglohn und Armutsarbeit massiv gefördert.
Die sogenannte aktive Arbeitspolitik nach dem Modell von „New Labour“ verschont nicht einmal chronisch Kranke und alleinerziehende Mütter mit Kleinkindern. Wer staatliche Unterstützung bekommt, wird erst dann aus dem amtlichen Würgegriff entlassen, wenn sein Namensschild am großen Zeh hängt. Der einzige Sinn dieser Zudringlichkeit besteht darin, möglichst viele Menschen davon abzuhalten, überhaupt noch irgendwelche Ansprüche an den Staat zu stellen und den Herausgefallenen derart widerliche Folterwerkzeuge zu zeigen, daß jede Elendsarbeit vergleichsweise angenehm erscheinen muß.
Offiziell schwingt der paternalistische Staat die Peitsche immer nur aus Liebe und in der Absicht, seine als „arbeitsscheu“ denunzierten Kinder im Namen ihres besseren Fortkommens streng zu erziehen. Tatsächlich haben die „pädagogischen“ Maßnahmen einzig und allein das Ziel, die Klienten aus dem Haus zu prügeln. Welchen anderen Sinn sollte es sonst machen, Arbeitslose zur Spargelernte auf die Felder zwangszuverpflichten? Dort sollen sie polnische Saisonarbeiter verdrängen, die den Hungerlohn nur deswegen akzeptieren, weil er sich durch die Wechselkursverhältnisse für sie zuhause in ein annehmbares Entgelt verwandelt. Den Zwangsarbeitern aber wird mit dieser Maßnahme weder geholfen noch gar irgendeine „Berufsperspektive“ eröffnet. Und auch für die Spargelbauern sind die verdrossenen Akademiker und Facharbeiter, mit denen sie beglückt werden, ein einziges Ärgernis. Wenn aber nach dem Zwölfstundentag auf deutschem Mutterboden die blöde Idee, aus Verzweiflung eine Würstchenbude aufzumachen, plötzlich in freundlicherem Licht erscheint, dann hat die „Flexibilisierungshilfe“ ihre erwünschte neubritische Wirkung gezeitigt.
Jeder Job ist besser als keiner. (Bill Clinton, 1998)
Kein Job ist so hart wie keiner. (Motto einer Plakatausstellung der Bundekoordinierungsstelle der Erwerbsloseninitiativen in Deutschland, 1998)
Bürgerarbeit soll belohnt werden, nicht entlohnt. […] Aber wer in Bürgerarbeit tätig ist, verliert auch den Makel der Arbeitslosigkeit und des Sozialhilfeempfängers. (Ulrich Beck, Die Seele der Demokratie, 1997)
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4. Zuspitzung und Dementi der ArbeitsreligionDer neue Arbeitsfanatismus, mit dem diese Gesellschaft auf den Tod ihres Götzen reagiert, ist die logische Fortsetzung und Endstufe einer langen Geschichte. Seit den Tagen der Reformation haben alle tragenden Kräfte der westlichen Modernisierung die Heiligkeit der Arbeit gepredigt. Vor allem in den letzten 150 Jahren waren sämtliche Gesellschaftstheorien und politischen Strömungen von der Idee der Arbeit geradezu besessen. Sozialisten und Konservative, Demokraten und Faschisten haben sich bis aufs Messer bekämpft, aber trotz aller Todfeindschaft immer gemeinsam dem Arbeitsgötzen geopfert. „Die Müßiggänger schiebt beiseite“ hieß es im Text der internationalen Arbeiterhymne – und „Arbeit macht frei“ echote es schauerlich über dem Tor von Auschwitz. Die pluralistischen Nachkriegs-Demokratien schworen erst recht auf die immerwährende Diktatur der Arbeit. Selbst die Verfassung des stockkatholischen Bayern belehrt die Bürger ganz im Sinne der von Luther ausgehenden Tradition: „Arbeit ist die Quelle des Volkswohlstandes und steht unter dem besonderen Schutz des Staates.“ Am Ende des 20. Jahrhunderts haben sich alle ideologischen Gegensätze nahezu verflüchtigt. Übrig geblieben ist das gnadenlose gemeinsame Dogma, die Arbeit sei die natürliche Bestimmung des Menschen.
Heute dementiert die arbeitsgesellschaftliche Wirklichkeit selber dieses Dogma. Die Priester der Arbeitsreligion haben immer gepredigt, der Mensch sei seiner angeblichen Natur nach ein „animal laborans“. Er werde überhaupt erst zum Menschen, indem er wie einst Prometheus den Naturstoff seinem Willen unterwerfe und sich in seinen Produkten verwirkliche. Dieser Mythos des Welteroberers und des Demiurgen, der seine Berufung habe, war zwar schon immer ein Hohn auf den Charakter des modernen Arbeitsprozesses, aber er mochte im Zeitalter der Erfinderkapitalisten vom Schlage Siemens oder Edison und ihrer Facharbeiterbelegschaften noch ein reales Substrat besessen haben. Mittlerweile aber ist dieser Gestus vollends absurd geworden.
Wer heute noch nach Inhalt, Sinn und Zweck seiner Arbeit fragt, wird verrückt – oder zum Störfaktor für das selbstzweckhafte Funktionieren der gesellschaftlichen Maschine. Der einstmals arbeitsstolze homo faber, der das, was er tat, auf seine bornierte Art noch ernst nahm, ist so altmodisch wie eine mechanische Schreibmaschine geworden. Die Mühle hat um jeden Preis zu laufen, und damit basta. Für die Sinnerfindung sind die Werbeabteilung und ganze Heerscharen von Animateuren und Betriebspsychologinnen, Imageberatern und Drogendealerinnen zuständig. Wo dauernd von Motivation und Kreativität geplappert wird, ist garantiert nichts mehr davon übrig – es sei denn als Selbstbetrug. Deshalb zählen die Fähigkeiten zu Autosuggestion, Selbstdarstellung und Kompetenz-Simulation heute zu den wichtigsten Tugenden von Managern und Facharbeiterinnen, Medienstars und Buchhaltern, Lehrerinnen und Parkplatzwächtern.
Auch die Behauptung, die Arbeit sei eine ewige Notwendigkeit und den Menschen von der Natur aufgeherrscht, hat sich an der Krise der Arbeitsgesellschaft gründlich blamiert. Seit Jahrhunderten wird gepredigt, dem Arbeitsgötzen sei allein schon deshalb zu huldigen, weil Bedürfnisse nun einmal nicht ohne schweißtreibendes menschliches Zutun von selbst befriedigt werden. Und der Zweck der ganzen Arbeits-Veranstaltung sei ja wohl die Bedürfnisbefriedigung. Träfe das zu, eine Kritik der Arbeit wäre so sinnvoll wie eine Kritik der Schwerkraft. Aber wie sollte denn ein wirkliches „Naturgesetz“ in die Krise geraten oder gar verschwinden? Die Wortführer des gesellschaftlichen Arbeits-Lagers, von der leistungswahnsinnigen neoliberalen Kaviarfresserin bis zum gewerkschaftlichen Bierbauchträger, geraten mit ihrer Pseudo-Natur der Arbeit in Argumentationsnot. Oder wie wollen sie es erklären, daß heute drei Viertel der Menschheit nur deshalb in Not und Elend versinken, weil das arbeitsgesellschaftliche System ihre Arbeit gar nicht mehr brauchen kann?
Nicht mehr der alttestamentarische Fluch „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“ lastet auf den Herausgefallenen, sondern ein neues, erst recht unerbittliches Verdammungsurteil: „Du sollst nicht essen, denn dein Schweiß ist überflüssig und unverkäuflich“. Und das soll ein Naturgesetz sein? Es ist nichts anderes als ein irrationales gesellschaftliches Prinzip, das als Naturzwang erscheint, weil es über Jahrhunderte hinweg alle anderen Formen sozialer Beziehung zerstört oder sie unterworfen und sich selbst absolut gesetzt hat. Es ist das „Naturgesetz“ einer Gesellschaft, die sich für überaus „rational“ hält, die aber in Wahrheit nur der Zweckrationalität ihres Arbeitsgötzen folgt, dessen „Sachzwängen“ sie auch noch den letzten Rest ihrer Humanität zu opfern bereit ist.
Arbeit steht, sei sie auch noch so niedrig und mammonistisch, stets im Zusammenhang mit der Natur. Schon der Wunsch, Arbeit zu verrichten, leitet immer mehr und mehr zur Wahrheit und zu den Gesetzen und Vorschriften der Natur, welche Wahrheit sind. (Thomas Carlyle, Arbeiten und nicht verzweifeln, 1843)
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5. Arbeit ist ein gesellschaftliches ZwangsprinzipArbeit ist keineswegs identisch damit, daß Menschen die Natur umformen und sich tätig aufeinander beziehen. Solange es Menschen gibt, werden sie Häuser bauen, Kleidung und Nahrung ebenso wie viele andere Dinge herstellen, sie werden Kinder aufziehen, Bücher schreiben, diskutieren, Gärten anlegen, Musik machen und dergleichen mehr. Das ist banal und selbstverständlich. Nicht selbstverständlich aber ist, daß die menschliche Tätigkeit schlechthin, die pure „Verausgabung von Arbeitskraft“, ohne jede Rücksicht auf ihren Inhalt, ganz unabhängig von den Bedürfnissen und vom Willen der Beteiligten, zu einem abstrakten Prinzip erhoben wird, das die sozialen Beziehungen beherrscht.
In den alten Agrargesellschaften gab es alle möglichen Herrschaftsformen und persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse, aber keine Diktatur des Abstraktums Arbeit. Die Tätigkeiten in der Umformung der Natur und in der sozialen Beziehung waren zwar keineswegs selbstbestimmt, aber ebensowenig einer abstrakten „Verausgabung von Arbeitskraft“ unterworfen, sondern vielmehr eingebettet in komplexe Regelwerke von religiösen Vorschriften, sozialen und kulturellen Traditionen mit wechselseitigen Verpflichtungen. Jede Tätigkeit hatte ihre besondere Zeit und ihren besonderen Ort; es gab keine abstrakt-allgemeine Tätigkeitsform.
Es war erst das moderne warenproduzierende System mit seinem Selbstzweck der unaufhörlichen Verwandlung von menschlicher Energie in Geld, das eine besondere, aus allen anderen Beziehungen „herausgelöste“, von jedem Inhalt abstrahierende Sphäre der sogenannten Arbeit hervorbrachte – eine Sphäre der unselbständigen, bedingungslosen und beziehungslosen, roboterhaften Tätigkeit, abgetrennt vom übrigen sozialen Zusammenhang und einer abstrakten „betriebswirtschaftlichen“ Zweckrationalität jenseits der Bedürfnisse gehorchend. In dieser vom Leben abgetrennten Sphäre hört die Zeit auf, gelebte und erlebte Zeit zu sein; sie wird zum bloßen Rohstoff, der optimal vernutzt werden muß: „Zeit ist Geld“. Jede Sekunde wird verrechnet, jeder Gang zum Klo ist ein Ärgernis, jedes Schwätzchen ein Verbrechen am verselbständigten Produktionszweck. Wo gearbeitet wird, darf nur abstrakte Energie verausgabt werden. Das Leben findet woanders statt – oder auch gar nicht, weil der Zeittakt der Arbeit in alles hineinregiert. Schon die Kinder werden auf die Uhr dressiert, um einmal „leistungsfähig“ zu sein. Der Urlaub dient bloß der Wiederherstellung der „Arbeitskraft“. Und selbst beim Essen, beim Feiern und in der Liebe tickt der Sekundenzeiger im Hinterkopf.
In der Sphäre der Arbeit zählt nicht, was getan wird, sondern daß das Tun als solches getan wird, denn die Arbeit ist gerade insofern ein Selbstzweck, als sie die Verwertung des Geldkapitals trägt – die unendliche Vermehrung von Geld um seiner selbst willen. Arbeit ist die Tätigkeitsform dieses absurden Selbstzwecks. Nur deshalb, nicht aus sachlichen Gründen, werden alle Produkte als Waren produziert. Denn allein in dieser Form repräsentieren sie das Abstraktum Geld, dessen Inhalt das Abstraktum Arbeit ist. Darin besteht der Mechanismus der verselbständigten gesellschaftlichen Tretmühle, in der die moderne Menschheit gefangengehalten wird.
Und eben deshalb ist auch der Inhalt der Produktion ebenso gleichgültig wie der Gebrauch der produzierten Dinge und wie die sozialen und natürlichen Folgen. Ob Häuser gebaut oder Tretminen hergestellt, Bücher gedruckt oder Gentomaten gezüchtet werden, ob darüber Menschen erkranken, ob die Luft vergiftet wird oder „nur“ der gute Geschmack unter die Räder kommt – all das ist nicht von Belang, solange sich nur, auf welche Weise auch immer, die Ware in Geld und das Geld in neue Arbeit verwandeln läßt. Daß die Ware einen konkreten Gebrauch verlangt, und sei es einen destruktiven, ist für die betriebswirtschaftliche Rationalität völlig uninteressant, denn für diese gilt das Produkt nur als Träger von vergangener Arbeit, von „toter Arbeit“.
Die Anhäufung von „toter Arbeit“ als Kapital, dargestellt in der Geldform, ist der einzige „Sinn“, den das moderne warenproduzierende System kennt. „Tote Arbeit“? Eine metaphysische Verrücktheit! Ja, aber eine zur handgreiflichen Realität gewordene Metaphysik, eine „versachlichte“ Verrücktheit, die diese Gesellschaft im eisernen Griff hält. Im ewigen Kaufen und Verkaufen tauschen sich die Menschen nicht als selbstbewußte gesellschaftliche Wesen aus, sondern sie exekutieren als soziale Automaten nur den ihnen vorausgesetzten Selbstzweck.
Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet ist er nicht zu Haus. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig, sondern gezwungen, Zwangsarbeit. Sie ist daher nicht die Befrieidgung eines Bedürfnisses, sondern sie ist nur ein Mittel, um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen. Ihre Fremdheit tritt darin rein hervor, daß, sobald kein physischer oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen wird. (Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, 1844)
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6. Arbeit und Kapital sind die beiden Seiten derselben MedailleDie politische Linke hat die Arbeit immer besonders eifernd verehrt. Sie hat die Arbeit nicht nur zum Wesen des Menschen erhoben, sondern sie damit auch zum vermeintlichen Gegenprinzip des Kapitals mystifiziert. Nicht die Arbeit galt ihr als Skandal, sondern bloß ihre Ausbeutung durch das Kapital. Deshalb war das Programm sämtlicher „Arbeiterparteien“ auch immer nur die „Befreiung der Arbeit“, nicht aber die Befreiung von der Arbeit. Der soziale Gegensatz von Kapital und Arbeit ist aber bloß der Gegensatz unterschiedlicher (wenn auch unterschiedlich mächtiger) Interessen innerhalb des kapitalistischen Selbstzwecks. Der Klassenkampf war die Austragungsform dieser gegensätzlichen Interessen auf dem gemeinsamen gesellschaftlichen Boden des warenproduzierenden Systems. Er gehörte der inneren Bewegungsdynamik der Kapitalverwertung an. Ob der Kampf nun um Löhne, um Rechte, um Arbeitsbedingungen oder um Arbeitsplätze geführt wurde: seine blinde Voraussetzung blieb stets die herrschende Tretmühle mit ihren irrationalen Prinzipien.
Vom Standpunkt der Arbeit zählt der qualitative Inhalt der Produktion genauso wenig wie vom Standpunkt des Kapitals. Was interessiert, ist einzig die Möglichkeit, die Arbeitskraft optimal zu verkaufen. Es geht nicht um die gemeinsame Bestimmung über den Sinn und Zweck des eigenen Tuns. Wenn es die Hoffnung jemals gab, eine solche Selbstbestimmung der Produktion könnte in den Formen des warenproduzierenden Systems verwirklicht werden, so haben die „Arbeitskräfte“ sich diese Illusion schon längst abgeschminkt. Es geht nur noch um „Arbeitsplätze“, um „Beschäftigung“ – schon die Begriffe beweisen den Selbstzweck-Charakter der ganzen Veranstaltung und die Unmündigkeit der Beteiligten.
Was und wofür und mit welchen Folgen produziert wird, ist dem Verkäufer der Ware Arbeitskraft letzten Endes genauso herzlich egal wie dem Käufer. Die Arbeiter der Atomkraftwerke und der Chemiefabriken protestieren am lautesten, wenn ihre tickenden Zeitbomben entschärft werden sollen. Und die „Beschäftigten“ von Volkswagen, Ford oder Toyota sind die fanatischsten Anhänger des automobilen Selbstmordprogramms. Nicht etwa bloß deswegen, weil sie sich gezwungenermaßen verkaufen müssen, um überhaupt leben zu „dürfen“, sondern weil sie sich tatsächlich mit diesem bornierten Dasein identifizieren. Soziologen, Gewerkschaftern, Pfarrern und anderen Berufstheologen der „sozialen Frage“ gilt das als Beweis für den ethisch-moralischen Wert der Arbeit. Arbeit bildet Persönlichkeit, sagen sie. Zu recht. Nämlich die Persönlichkeit von Zombis der Warenproduktion, die sich ein Leben außerhalb ihrer heißgeliebten Tretmühle gar nicht mehr vorstellen können, für die sie sich tagtäglich selber zurichten.
So wenig aber die Arbeiterklasse als Arbeiterklasse jemals der antagonistische Widerspruch des Kapitals und das Subjekt der menschlichen Emanzipation war, ebensowenig steuern umgekehrt die Kapitalisten und Manager die Gesellschaft nach der Bösartigkeit eines subjektiven Ausbeuterwillens. Keine herrschende Kaste in der Geschichte hat jemals ein derart unfreies und erbärmliches Leben geführt wie die gehetzten Manager von Microsoft, Daimler-Chrysler oder Sony. Jeder mittelalterliche Gutsherr hätte diese Leute abgrundtief verachtet. Denn während er sich der Muße hingeben und seinen Reichtum mehr oder weniger orgiastisch verprassen konnte, dürfen sich die Eliten der Arbeitsgesellschaft selber keine Pause gönnen. Außerhalb der Tretmühle wissen auch sie nichts anderes mit sich anzufangen als wieder kindisch zu werden; Muße, Lust an der Erkenntnis und sinnlicher Genuß sind ihnen so fremd wie ihrem Menschenmaterial. Sie sind selber nur Knechte des Arbeitsgötzen, bloße Funktionseliten des irrationalen gesellschaftlichen Selbstzwecks.
Der herrschende Götze weiß seinen subjektlosen Willen über den „stummen Zwang“ der Konkurrenz durchzusetzen, dem sich auch die Mächtigen beugen müssen, gerade wenn sie hunderte von Fabriken managen und Milliardensummen über den Globus schieben. Tun sie es nicht, werden sie ebenso rücksichtslos ausrangiert wie die überflüssigen „Arbeitskräfte“. Aber gerade ihre eigene Unmündigkeit macht die Funktionäre des Kapitals so maßlos gefährlich, nicht ihr subjektiver Ausbeuterwille. Sie dürfen am allerwenigsten nach dem Sinn und den Folgen ihres rastlosen Tuns fragen, Gefühle und Rücksichten können sie sich nicht leisten. Deshalb nennen sie es Realismus, wenn sie die Welt verwüsten, die Städte verhäßlichen und die Menschen mitten im Reichtum verarmen lassen.
Die Arbeit bekommt immer mehr alles gute Gewissen auf ihre Seite: der Hang zur Freude nennt sich bereits „Bedürfnis der Erholung“ und fängt an, sich vor sich selber zu schämen. „Man ist es seiner Gesundheit schuldig“ – so redet man, wenn man auf einer Landpartie ertappt wird. Ja es könnte bald so weit kommen, daß man einem Hange zur vita contemplativa (das heißt zum Spazierengehen mit Gedanken und Freunden) nicht ohne Selbstverachtung und schlechtes Gewissen nachgäbe. (Friedrich Nietzsche, Muße und Müßiggang, 1882)
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7. Arbeit ist patriarchale HerrschaftAuch wenn die Logik der Arbeit und ihrer Verwurstung zur Geldmaterie danach drängt, so lassen sich doch nicht alle gesellschaftlichen Bereiche und notwendigen Tätigkeiten in diese Sphäre der abstrakten Zeit hineinpressen. Deshalb entstand zusammen mit der „herausgelösten“ Sphäre der Arbeit, gewissermaßen als deren Rückseite, auch die Sphäre des privaten Haushalts, der Familie und der Intimität.
In diesem als „weiblich“ definierten Bereich verbleiben die vielen und wiederkehrenden Tätigkeiten des alltäglichen Lebens, die sich nicht oder nur ausnahmsweise in Geld verwandeln lassen: vom Putzen und Kochen über die Kindererziehung und die Pflege alter Menschen bis zur „Liebesarbeit“ der idealtypischen Hausfrau, die ihren ausgelaugten Arbeitsmann betütert und ihn „Gefühle tanken“ läßt. Die Sphäre der Intimität als Rückseite der Arbeit wird deshalb von der bürgerlichen Familienideologie zum Hort des „eigentlichen Lebens“ verklärt – auch wenn sie in der Realität meistens eher eine Intimhölle ist. Es handelt sich eben nicht um eine Sphäre des besseren und wahren Lebens, sondern um eine ebenso bornierte und reduzierte Form des Daseins, die nur mit einem anderen Vorzeichen versehen wird. Diese Sphäre ist selber ein Produkt der Arbeit, von dieser zwar abgespalten, aber doch nur existent im Bezug auf sie. Ohne den abgespaltenen sozialen Raum der „weiblichen“ Tätigkeitsformen hätte die Arbeitsgesellschaft niemals funktionieren können. Dieser Raum ist ihre stumme Voraussetzung und gleichzeitig ihr spezifisches Resultat.
Das gilt auch für die geschlechtlichen Stereotypen, die in der Entwicklung des warenproduzierenden Systems ihre Verallgemeinerung erfuhren. Nicht zufällig verfestigte sich das Bild der natur- und triebhaften, irrationalen und emotional gesteuerten Frau erst zusammen mit dem des kulturschaffenden, vernünftigen und beherrschten Arbeitsmannes zum Massenvorurteil. Und nicht zufällig ging die Selbstzurichtung des weißen Mannes für die Zumutungen der Arbeit und ihrer staatlichen Menschenverwaltung mit einer jahrhundertelangen wütenden „Hexenverfolgung“ einher. Auch die gleichzeitig beginnende naturwissenschaftliche Weltaneignung war schon in ihren Wurzeln kontaminiert durch den arbeitsgesellschaftlichen Selbstzweck und seine geschlechtlichen Zuschreibungen. Auf diese Weise trieb der weiße Mann, um reibungslos funktionieren zu können, all die Gefühlslagen und emotionalen Bedürfnisse aus sich selber aus, die im Reich der Arbeit nur als Störfaktoren zählen.
Im 20. Jahrhundert, besonders in den fordistischen Nachkriegs-Demokratien, wurden die Frauen zunehmend in das System der Arbeit einbezogen. Aber das Resultat war nur ein weibliches Schizo-Bewußtsein. Denn einerseits konnte das Vordringen der Frauen in die Sphäre der Arbeit keine Befreiung bringen, sondern nur dieselbe Zurichtung für den Arbeitsgötzen wie bei den Männern. Andererseits blieb die Struktur der „Abspaltung“ ungebrochen bestehen und damit auch die Sphäre der als „weiblich“ definierten Tätigkeiten außerhalb der offiziellen Arbeit. Die Frauen wurden auf diese Weise einer Doppelbelastung unterworfen und gleichzeitig völlig gegensätzlichen sozialen Imperativen ausgesetzt. Innerhalb der Sphäre der Arbeit bleiben sie bis heute überwiegend auf schlechter bezahlte und subalterne Positionen verwiesen.
Daran wird kein systemkonformer Kampf für Frauenquoten und weibliche Karriere-Chancen etwas ändern. Die erbärmliche bürgerliche Vision einer „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ läßt die Sphärentrennung des warenproduzierenden Systems und damit die geschlechtliche „Abspaltungs“-Struktur völlig unangetastet. Für die Mehrheit der Frauen ist diese Perspektive unlebbar, für eine Minderheit von „Besserverdienenden“ wird sie zur perfiden Gewinnerposition in der sozialen Apartheid, indem sie Haushalt und Kinderbetreuung an schlechtbezahlte (und „selbstverständlich“ weibliche) Angestellte delegieren können.
In der Gesamtgesellschaft wird die bürgerlich geheiligte Sphäre des sogenannten Privatlebens und der Familie in Wahrheit immer weiter ausgehöhlt und degradiert, weil die arbeitsgesellschaftliche Usurpation die ganze Person, völlige Aufopferung, Mobilität und zeitliche Anpassung fordert. Das Patriarchat wird nicht abgeschafft, es verwildert nur in der uneingestandenen Krise der Arbeitsgesellschaft. In demselben Maße, wie das warenproduzierende System zusammenbricht, werden die Frauen für das Überleben auf allen Ebenen verantwortlich gemacht, während die „männliche“ Welt die Kategorien der Arbeitsgesellschaft simulativ verlängert.
Furchtbares hat die Menschheit sich antun müssen, bis das Selbst, der identische, zweckgerichtete, männliche Charakter des Menschen geschaffen war, und etwas davon wird noch in jeder Kindheit wiederholt. (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung)
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8. Arbeit ist die Tätigkeit der UnmündigenNicht nur faktisch, sondern auch begrifflich läßt sich die Identität von Arbeit und Unmündigkeit nachweisen. Noch vor wenigen Jahrhunderten war der Zusammenhang zwischen Arbeit und sozialem Zwang den Menschen durchaus bewußt. In den meisten europäischen Sprachen bezieht sich der Begriff „Arbeit“ ursprünglich nur auf die Tätigkeit des unmündigen Menschen, des Abhängigen, des Knechts oder des Sklaven. Im germanischen Sprachraum bezeichnet das Wort die Schufterei eines verwaisten und daher in Leibeigenschaft geratenen Kindes. „Laborare“ bedeutete im Lateinischen so viel wie „Schwanken unter einer schweren Last“ und meint allgemein gefaßt das Leiden und die Schinderei des Sklaven. Die romanischen Wörter „travail“, „trabajo“ etc. leiten sich von dem lateinischen „tripalium“ ab, einer Art Joch, das zur Folter und Bestrafung von Sklaven und anderen Unfreien eingesetzt wurde. In der deutschen Redeweise vom „Joch der Arbeit“ klingt noch eine Ahnung davon nach.
„Arbeit“ ist also auch dem Wortstamm nach kein Synonym für selbstbestimmte menschliche Tätigkeit, sondern verweist auf ein unglückliches soziales Schicksal. Es ist die Tätigkeit derjenigen, die ihre Freiheit verloren haben. Die Ausdehnung der Arbeit auf alle Gesellschaftsmitglieder ist daher nichts als die Verallgemeinerung von knechtischer Abhängigkeit und die moderne Anbetung der Arbeit bloß die quasi-religiöse Überhöhung dieses Zustandes.
Dieser Zusammenhang konnte erfolgreich verdrängt und die soziale Zumutung verinnerlicht werden, weil die Verallgemeinerung der Arbeit mit ihrer „Versachlichung“ durch das moderne warenproduzierende System einherging: Die meisten Menschen stehen nicht mehr unter der Knute eines persönlichen Herrn. Die soziale Abhängigkeit ist zu einem abstrakten Systemzusammenhang geworden – und gerade dadurch total. Sie ist überall spürbar und gerade deshalb kaum zu fassen. Wo jeder zum Knecht geworden ist, ist jeder auch gleichzeitig Herr – als sein eigener Sklavenhändler und Aufseher. Und alle gehorchen dem unsichtbaren Systemgötzen, dem „Großen Bruder“ der Kapitalverwertung, der sie unter das „tripalium“ geschickt hat.
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9. Die blutige Durchsetzungsgeschichte der ArbeitDie Geschichte der Moderne ist die Durchsetzungsgeschichte der Arbeit, die auf dem ganzen Planeten eine breite Spur der Verwüstung und des Grauens gezogen hat. Denn nicht immer war die Zumutung, den größten Teil der Lebensenergie für einen fremdbestimmten Selbstzweck zu vergeuden, derart verinnerlicht wie heute. Es bedurfte mehrerer Jahrhunderte der offenen Gewalt im großen Maßstab, um die Menschen in den bedingungslosen Dienst des Arbeitsgötzen buchstäblich hineinzufoltern.
Am Anfang stand nicht die angeblich „wohlfahrtssteigernde“ Ausdehnung der Marktbeziehungen, sondern der unersättliche Geldhunger der absolutistischen Staatsapparate, um die frühmodernen Militärmaschinen zu finanzieren. Nur durch das Interesse dieser Apparate, die erstmals in der Geschichte die ganze Gesellschaft in einen bürokratischen Würgegriff nahmen, beschleunigte sich die Entwicklung des städtischen Kaufmanns- und Finanzkapitals über die traditionellen Handelsbeziehungen hinaus. Erst auf diese Weise wurde das Geld zu einem zentralen gesellschaftlichen Motiv und das Abstraktum Arbeit zu einer zentralen gesellschaftlichen Anforderung ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse.
Nicht freiwillig gingen die meisten Menschen zur Produktion für anonyme Märkte und damit zur allgemeinen Geldwirtschaft über, sondern weil der absolutistische Geldhunger die Steuern monetarisiert und gleichzeitig exorbitant erhöht hatte. Nicht für sich selbst mußten sie „Geld verdienen“, sondern für den militarisierten frühmodernen Feuerwaffen-Staat, seine Logistik und seine Bürokratie. So und nicht anders ist der absurde Selbstzweck der Kapitalverwertung und damit der Arbeit in die Welt gekommen.
Bald genügten monetäre Steuern und Abgaben nicht mehr. Die absolutistischen Bürokraten und finanzkapitalistischen Verwalter machten sich daran, die Menschen direkt als das Material einer gesellschaftlichen Maschine für die Verwandlung von Arbeit in Geld zwangsweise zu organisieren. Die traditionelle Lebens- und Existenzweise der Bevölkerung wurde zerstört; nicht weil diese Bevölkerung sich freiwillig und selbstbestimmt „weiterentwickelt“ hätte, sondern weil sie als Menschenmaterial der angeworfenen Verwertungsmaschine herhalten sollte. Die Menschen wurden mit Waffengewalt von ihren Feldern vertrieben, um der Schafzucht für die Wollmanufakturen Platz zu machen. Alte Rechte wie das freie Jagen, Fischen und Holzsammeln in den Wäldern wurden abgeschafft. Und wenn die verarmten Massen dann bettelnd und stehlend durch die Lande zogen, wurden sie in Arbeitshäuser und Manufakturen eingesperrt, um sie mit Arbeitsfoltermaschinen zu malträtieren und ihnen ein Sklavenbewußtsein von gefügigen Arbeitstieren einzuprügeln.
Aber auch diese schubweise Verwandlung ihrer Untertanen in das Material des geldmachenden Arbeitsgötzen reichte den absolutistischen Monsterstaaten noch lange nicht. Sie dehnten ihren Anspruch auch auf andere Kontinente aus. Die innere Kolonisierung Europas ging einher mit der äußeren, zuerst in den beiden Amerika und in Teilen Afrikas. Hier ließen die Einpeitscher der Arbeit endgültig alle Hemmungen fallen. In bis dahin beispiellosen Raub-, Zerstörungs- und Ausrottungsfeldzügen fielen sie über die neu „entdeckten“ Welten her – galten doch die dortigen Opfer noch nicht einmal mehr als Menschen. Die menschenfressenden europäischen Mächte der heraufdämmernden Arbeitsgesellschaft definierten die unterjochten fremden Kulturen als „Wilde“ und – Menschenfresser.
Damit war die Legitimation geschaffen, sie auszulöschen oder millionenfach zu versklaven. Buchstäbliche Sklaverei in der kolonialen Plantagen- und Rohstoffwirtschaft, die in ihren Dimensionen noch die antike Sklavenhaltung übertraf, gehört zu den Gründungsverbrechen des warenproduzierenden Systems. Hier wurde zum ersten Mal die „Vernichtung durch Arbeit“ im großen Stil betrieben. Das war die zweite Grundlegung der Arbeitsgesellschaft. An den „Wilden“ konnte der weiße Mann, der schon gezeichnet war von der Selbstdisziplinierung, seinen verdrängten Selbsthaß und Minderwertigkeitskomplex austoben. Ähnlich wie „die Frau“ galten sie ihm als naturnahe und primitive Halbwesen zwischen Tier und Mensch. Immanuel Kant mutmaßte messerscharf, daß Paviane sprechen könnten, wenn sie nur wollten; sie täten es nur deshalb nicht, weil sie sonst befürchten müßten, zur Arbeit herangezogen zu werden.
Dieses groteske Räsonnement wirft ein verräterisches Licht auf die Aufklärung. Das repressive Arbeitsethos der Moderne, das sich in seiner ursprünglichen protestantischen Version auf die Gnade Gottes und seit der Aufklärung auf das Naturgesetz berief, wurde als „zivilisatorische Mission“ maskiert. Kultur in diesem Sinne ist freiwillige Unterwerfung unter die Arbeit; und Arbeit ist männlich, weiß und „abendländisch“. Das Gegenteil, die nicht-menschliche, unförmige und kulturlose Natur, ist weiblich, farbig und „exotisch“, also dem Zwang auszusetzen. Mit einem Wort, der „Universalismus“ der Arbeitsgesellschaft ist schon von seiner Wurzel her durch und durch rassistisch. Das universelle Abstraktum Arbeit kann sich immer nur selbst definieren durch Abgrenzung von allem, was nicht in ihm aufgeht.
Es waren nicht die friedlichen Kaufleute der alten Handelswege, aus denen das moderne Bürgertum hervorgegangen ist, das schließlich den Absolutismus beerbte. Es waren vielmehr die Condottieri der frühmodernen Söldnerhaufen, die Arbeits- und Zuchthausverwalter, Pächter der Steuereintreibung, Sklavenaufseher und andere Halsabschneider, die den sozialen Mutterboden für das moderne „Unternehmertum“ bildeten. Die bürgerlichen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts hatten nichts mit sozialer Emanzipation zu tun; sie schichteten nur die Machtverhältnisse innerhalb des entstandenen Zwangssystems um, lösten die Institutionen der Arbeitsgesellschaft von den veralteten dynastischen Interessen ab und trieben ihre Versachlichung und Entpersönlichung voran. Es war die glorreiche Französiche Revolution, die mit besonderem Pathos eine Pflicht zur Arbeit verkündete und in einem „Gesetz zur Beseitigung des Bettelwesens“ neue Arbeitszuchthäuser einführte.
Das war das genaue Gegenteil dessen, was die sozialrebellischen Bewegungen erstrebten, die am Rande der bürgerlichen Revolutionen aufflammten, ohne darin aufzugehen. Schon viel früher hatte es ganz eigenständige Formen des Widerstands und der Verweigerung gegeben, mit denen die offizielle Geschichtsschreibung der Arbeits- und Modernisierungsgesellschaft nichts anfangen kann. Die Produzenten der alten Agrargesellschaften, die sich auch mit den feudalen Herrschaftsverhältnissen niemals völlig reibungslos abgefunden hatten, wollten sich erst recht nicht damit abfinden, zur „Arbeiterklasse“ eines ihnen äußerlichen Systemzusammenhangs gemacht zu werden. Von den Bauernkriegen des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu den Erhebungen der später als „Maschinenstürmer“ denunzierten Bewegungen in England und dem Aufstand der schlesischen Weber von 1844 zieht sich eine einzige Kette von erbitterten Widerstandskämpfen gegen die Arbeit. Die Durchsetzung der Arbeitsgesellschaft und ein bald offener, bald latenter Bürgerkrieg waren über Jahrhunderte hinweg ein und dasselbe.
Die alten agrarischen Gesellschaften waren alles andere als paradiesisch. Aber der ungeheure Zwang der hereinbrechenden Arbeitsgesellschaft wurde von der Mehrheit nur als Verschlechterung und als „Zeit der Verzweiflung“ erlebt. Tatsächlich hatten die Menschen trotz aller Enge der Verhältnisse noch etwas zu verlieren. Was im falschen Bewußtsein der modernen Welt als Finsternis und Plage eines erfundenen Mittelalters erscheint, waren in Wirklichkeit die Schrecken ihrer eigenen Geschichte. In den vor- und nichtkapitalistischen Kulturen innerhalb wie außerhalb Europas war die tägliche ebenso wie die jährliche Zeit der Produktionstätigkeit weitaus geringer als selbst heute noch für die modernen „Beschäftigten“ in Fabrik und Büro. Und diese Produktion war bei weitem nicht derart verdichtet wie in der Arbeitsgesellschaft, sondern durchsetzt von einer ausgeprägten Kultur der Muße und der relativen „Langsamkeit“. Von Naturkatastrophen abgesehen waren die materiellen Grundbedürfnisse für die meisten weitaus besser gesichert als über weite Strecken der Modernisierungsgeschichte – und auch besser als in den Horror-Slums der heutigen Krisenwelt. Auch die Herrschaft ging nicht derart bis auf die Haut wie in der durchbürokratisierten Arbeitsgesellschaft.
Deshalb konnte der Widerstand gegen die Arbeit nur militärisch gebrochen werden. Bis heute heucheln sich die Ideologen der Arbeitsgesellschaft darüber hinweg, daß die Kultur der vormodernen Produzenten nicht „entwickelt“, sondern in ihrem Blut erstickt wurde. Die abgeklärten Arbeits-Demokraten von heute lasten all diese Ungeheuerlichkeiten am liebsten den „vordemokratischen Zuständen“ einer Vergangenheit an, mit der sie nichts mehr zu tun hätten. Sie wollen nicht wahrhaben, daß die terroristische Urgeschichte der Moderne verräterisch das Wesen auch der heutigen Arbeitsgesellschaft enthüllt. Die bürokratische Arbeitsverwaltung und staatliche Menschenerfassung in den industriellen Demokratien konnte ihre absolutistischen und kolonialen Ursprünge niemals verleugnen. In der Form der Versachlichung zu einem unpersönlichen Systemzusammenhang ist die repressive Menschenverwaltung im Namen des Arbeitsgötzen sogar noch angewachsen und hat alle Lebensbereiche durchdrungen. Gerade heute wird in der Agonie der Arbeit der eiserne bürokratische Griff wieder fühlbar wie in der Frühzeit der Arbeitsgesellschaft. Die Arbeitsverwaltung enthüllt sich als das Zwangssystem, das sie immer gewesen ist, indem sie die soziale Apartheid organisiert und die Krise durch demokratische Staatssklaverei vergeblich zu bannen sucht. Ähnlich kehrt der koloniale Ungeist wieder in der ökonomischen Zwangsverwaltung der bereits reihenweise ruinierten Länder in der Peripherie durch den Internationalen Währungsfonds. Nach dem Tod ihres Götzen besinnt sich die Arbeitsgesellschaft in jeder Hinsicht auf die Methoden ihrer Gründungsverbrechen, die sie dennoch nicht retten können.
Der Barbar ist faul, und unterscheidet sich vom Gebildeten dadurch, daß er in der Stumpfheit vor sich hin brütet, denn die praktische Bildung besteht eben in der Gewohnheit und in dem Bedürfen der Beschäftigung. (Georg W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821)
Im Grunde fühlt man jetzt […], daß eine solche Arbeit die beste Polizei ist, daß sie jeden im Zaume hält und die Entwicklung der Vernunft, der Begehrlichkeit, des Unabhängigkeitsgelüstes kräftig zu hindern versteht. Denn sie verbraucht außerordentlich viel Nervenkraft und entzieht dieselbe dem Nachdenken, Grübeln, Träumen, Sorgen, Lieben, Hassen. (Friedrich Nietzsche, Die Lobredner der Arbeit, 1881)
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10. Die Arbeiterbewegung war eine Bewegung für die ArbeitDie klassische Arbeiterbewegung, die erst lange nach dem Untergang der alten Sozialrevolten ihren Aufstieg erlebte, kämpfte nicht mehr gegen die Zumutung der Arbeit, sondern entwickelte geradezu eine Überidentifikation mit dem scheinbar Unausweichlichen. Ihr ging es nur noch um „Rechte“ und Verbesserungen innerhalb der Arbeitsgesellschaft, deren Zwänge sie schon weitgehend verinnerlicht hatte. Statt die Verwandlung menschlicher Energie in Geld als irrationalen Selbstzweck radikal zu kritisieren, nahm sie selber den „Standpunkt der Arbeit“ ein und begriff die Verwertung als positiven, neutralen Tatbestand.
So trat die Arbeiterbewegung auf ihre Weise das Erbe von Absolutismus, Protestantismus und bürgerlicher Aufklärung an. Aus dem Unglück der Arbeit wurde der falsche Stolz der Arbeit, der die eigene Domestizierung zum Menschenmaterial des modernen Götzen in ein „Menschenrecht“ umdefinierte. Die domestizierten Heloten der Arbeit drehten gewissermaßen den Spieß ideologisch um und entwickelten einen missionarischen Eifer, einerseits das „Recht auf Arbeit“ einzuklagen und andererseits die „Arbeitspflicht für alle“ zu fordern. Das Bürgertum wurde nicht als Funktionsträger der Arbeitsgesellschaft bekämpft, sondern im Gegenteil gerade im Namen der Arbeit als parasitär beschimpft. Ausnahmslos alle Gesellschaftsmitglieder sollten in die „Armeen der Arbeit“ zwangsrekrutiert werden.
Die Arbeiterbewegung wurde so selber zu einem Schrittmacher der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft. Sie war es, die gegen die bornierten bürgerlichen Funktionsträger des 19. und frühen 20. Jahrhunderts im Entwicklungsprozeß der Arbeit die letzten Stufen der Versachlichung durchsetzte; ganz ähnlich, wie ein Jahrhundert zuvor das Bürgertum den Absolutismus beerbt hatte. Das war nur möglich, weil die Arbeiterparteien und Gewerkschaften sich im Zuge ihrer Arbeitsvergottung auch positiv auf den Staatsapparat und die Institutionen der repressiven Arbeitsverwaltung bezogen, die sie nicht abschaffen, sondern selber in einer Art „Marsch durch die Institutionen“ besetzen wollten. Damit übernahmen sie ebenso wie vorher das Bürgertum die bürokratische Tradition arbeitsgesellschaftlicher Menschenverwaltung seit dem Absolutismus.
Die Ideologie einer sozialen Verallgemeinerung der Arbeit erforderte allerdings auch ein neues politisches Verhältnis. An die Stelle der ständischen Gliederung mit unterschiedlichen politischen „Rechten“ (z.B. Wahlrecht nach Steuerklassen) in der erst halb durchgesetzten Arbeitsgesellschaft mußte die allgemeine demokratische Gleichheit des vollendeten „Arbeitsstaats“ treten. Und die Ungleichmäßigkeiten im Lauf der Verwertungsmaschine, sobald sie das gesamte gesellschaftliche Leben bestimmte, mußten „sozialstaatlich“ ausgeglichen werden. Auch dafür lieferte die Arbeiterbewegung das Paradigma. Unter dem Namen „Sozialdemokratie“ wurde sie zur größten „Bürgerbewegung“ in der Geschichte, die doch nichts weiter sein konnte als eine selbst gestellte Falle. Denn in der Demokratie wird alles verhandelbar, nur nicht die Zwänge der Arbeitsgesellschaft, die vielmehr axiomatisch vorausgesetzt sind. Was zur Debatte steht, können allein die Modalitäten und Verlaufsformen dieser Zwänge sein. Es gibt immer nur die Wahl zwischen Omo und Persil, zwischen Pest und Cholera, zwischen Frechheit und Dummheit, zwischen Kohl und Schröder.
Die arbeitsgesellschaftliche Demokratie ist das perfideste Herrschaftssystem der Geschichte – ein System der Selbstunterdrückung. Deshalb organisiert diese Demokratie auch niemals die freie Selbstbestimmung der Gesellschaftsmitglieder über die gemeinsamen Ressourcen, sondern stets nur die Rechtsform der sozial voneinander getrennten Arbeitsmonaden, die konkurrierend ihre Haut auf die Arbeitsmärkte tragen müssen. Demokratie ist das Gegenteil von Freiheit. Und so zerfallen die demokratischen Arbeitsmenschen notwendigerweise in Verwalter und Verwaltete, Unternehmer und Unternommene, Funktionseliten und Menschenmaterial. Die politischen Parteien, gerade auch die Arbeiterparteien, spiegeln dieses Verhältnis in ihrer eigenen Struktur getreulich wieder. Führer und Geführte, Promis und Fußvolk, Seilschaften und Mitläufer verweisen auf ein Verhältnis, das nichts mit einer offenen Debatte und Entscheidungsfindung zu tun hat. Es ist integraler Bestandteil dieser Systemlogik, daß die Eliten selber nur unselbständige Funktionäre des Arbeitsgötzen und seiner blinden Ratschlüsse sein können.
Spätestens seit den Nazis sind alle Parteien Arbeiterparteien und gleichzeitig Parteien des Kapitals. In den „Entwicklungsgesellschaften“ des Ostens und Südens mutierte die Arbeiterbewegung zur staatsterroristischen Partei der nachholenden Modernisierung; im Westen zu einem System von „Volksparteien“ mit auswechselbaren Programmen und medialen Repräsentationsfiguren. Der Klassenkampf ist zu Ende, weil die Arbeitsgesellschaft am Ende ist. Die Klassen erweisen sich als soziale Funktionskategorien eines gemeinsamen Fetischsystems in demselben Maße, wie dieses System abstirbt. Wenn Sozialdemokratie, Grüne und Ex-Kommunisten sich in der Krisenverwaltung hervortun und besonders niederträchtige Repressionsprogramme entwerfen, dann erweisen sie sich damit nur als legitime Erben einer Arbeiterbewegung, die nie etwas anderes wollte als Arbeit um jeden Preis.
Die Arbeit muß das Szepter führen, Knecht soll nur sein, wer müßig geht, Die Arbeit muß die Welt regieren, Weil nur durch sie die Welt besteht. (Friedrich Stampfer, Der Arbeit Ehre, 1903)
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11. Die Krise der ArbeitNach dem Zweiten Weltkrieg konnte es für einen kurzen historischen Augenblick so scheinen, als hätte sich die Arbeitsgesellschaft in den fordistischen Industrien zu einem System „immerwährender Prosperität“ konsolidiert, in dem die Unerträglichkeit des zwanghaften Selbstzwecks durch Massenkonsum und Sozialstaat dauerhaft zu befrieden wäre. Abgesehen davon, daß diese Vorstellung schon immer eine demokratische Heloten-Idee war, die sich nur auf eine kleine Minderheit der Weltbevölkerung bezog, mußte sie sich auch in den Zentren blamieren. Mit der dritten industriellen Revolution der Mikroelektronik stößt die Arbeitsgesellschaft an ihre absolute historische Schranke.
Daß diese Schranke früher oder später erreicht werden mußte, war logisch vorhersehbar. Denn das warenproduzierende System leidet von Geburt an unter einem unheilbaren Selbstwiderspruch. Einerseits lebt es davon, massenhaft menschliche Energie durch Verausgabung von Arbeitskraft in seine Maschinerie aufzusaugen, je mehr desto besser. Andererseits aber erzwingt das Gesetz der betriebswirtschaftlichen Konkurrenz eine permanente Steigerung der Produktivität, in der menschliche Arbeitskraft durch verwissenschaftlichtes Sachkapital ersetzt wird.
Dieser Selbstwiderspruch war schon die tiefere Ursache aller früheren Krisen, darunter der verheerenden Weltwirtschaftskrise von 1929-33. Die Krisen konnten jedoch durch einen Mechanismus der Kompensation immer wieder überwunden werden: Auf dem jeweils höheren Niveau der Produktivität wurde nach einer gewissen Inkubationszeit durch Ausdehnung der Märkte auf neue Käuferschichten absolut mehr Arbeit wieder eingesaugt, als vorher wegrationalisiert worden war. Der Aufwand an Arbeitskraft pro Produkt verminderte sich, aber es wurden absolut mehr Produkte in einem Ausmaß hergestellt, daß diese Verminderung überkompensiert werden konnte. Solange also die Produkt-Innovationen die Prozeß-Innovationen überstiegen, konnte der Selbstwiderspruch des Systems in eine Expansionsbewegung übersetzt werden.
Das herausragende historische Beispiel ist das Auto: Durch das Fließband und andere Techniken der „arbeitswissenschaftlichen“ Rationalisierung (zuerst in Henry Fords Autofabrik in Detroit) verminderte sich die Arbeitszeit pro Auto auf einen Bruchteil. Gleichzeitig wurde die Arbeit aber ungeheuer verdichtet, also das Menschenmaterial in derselben Zeit um ein Vielfaches ausgesaugt. Vor allem konnte das Auto, bis dahin ein Luxusprodukt für die oberen Zehntausend, durch die damit einhergehende Verbilligung in den Massenkonsum einbezogen werden.
Auf diese Weise wurde der unersättliche Appetit des Arbeitsgötzen nach menschlicher Energie trotz rationalisierter Fließfertigung in der zweiten industriellen Revolution des „Fordismus“ auf höherem Niveau befriedigt. Gleichzeitig ist das Auto ein zentrales Beispiel für den destruktiven Charakter der hochentwickelten arbeitsgesellschaftlichen Produktions- und Konsumtionsweise. Im Interesse der Massenproduktion von Autos und des massenhaften Individualverkehrs wird die Landschaft zubetoniert und verhäßlicht, die Umwelt verpestet und achselzuckend in Kauf genommen, daß auf den Straßen der Welt jahraus, jahrein der unerklärte 3. Weltkrieg tobt mit Millionen von Toten und Verstümmelten.
In der dritten industriellen Revolution der Mikroelektronik erlischt der bisherige Mechanismus der Kompensation durch Expansion. Zwar werden natürlich auch durch die Mikroelektronik viele Produkte verbilligt und neue kreiert (vor allem im Bereich der Medien). Aber erstmals übersteigt das Tempo der Prozeß-Innovation das Tempo der Produkt-Innovation. Erstmals wird mehr Arbeit wegrationalisiert als durch Ausdehnung der Märkte reabsorbiert werden kann. In logischer Fortsetzung der Rationalisierung ersetzt elektronische Robotik menschliche Energie oder die neuen Kommunikationstechnologien machen Arbeit überflüssig. Ganze Sektoren und Ebenen der Konstruktion, der Produktion, des Marketings, der Lagerhaltung, des Vertriebs und selbst des Managements brechen weg. Erstmals setzt der Arbeitsgötze sich unfreiwillig selber auf dauerhafte Hungerration. Damit führt er seinen eigenen Tod herbei.
Da es sich bei der demokratischen Arbeitsgesellschaft um ein ausgereiftes, auf sich selbst rückgekoppeltes Selbstzwecksystem der Verausgabung von Arbeitskraft handelt, ist innerhalb seiner Formen ein Umschalten auf allgemeine Arbeitszeitverkürzung nicht möglich. Die betriebswirtschaftliche Rationalität verlangt, daß einerseits immer größere Massen dauerhaft „arbeitslos“ und damit von der systemimmanenten Reproduktion ihres Lebens abgeschnitten werden, während andererseits die stetig schrumpfende Anzahl der „Beschäftigten“ einer umso größeren Arbeits- und Leistungshetze unterworfen wird. Mitten im Reichtum kehren Armut und Hunger selbst in den kapitalistischen Zentren zurück, intakte Produktionsmittel und Anbaufelder liegen massenhaft brach, Wohnungen und öffentliche Gebäude stehen massenhaft leer, während die Obdachlosigkeit unaufhaltsam steigt.
Kapitalismus wird zu einer globalen Minderheitsveranstaltung. In seiner Not ist der sterbende Arbeitsgötze autokannibalistisch geworden. Auf der Suche nach verbliebener Arbeitsnahrung sprengt das Kapital die Grenzen der Nationalökonomie und globalisiert sich in einer nomadischen Verdrängungskonkurrenz. Ganze Weltregionen werden von den globalen Kapital- und Warenflüssen abgeschnitten. Mit einer historisch beispiellosen Welle von Fusionen und „unfreundlichen Übernahmen“ rüsten sich die Konzerne für das letzte Gefecht der Betriebswirtschaft. Die desorganisierten Staaten und Nationen implodieren, die von der Überlebenskonkurrenz in den Wahnsinn getriebenen Bevölkerungen fallen in ethnischen Bandenkriegen übereinander her.
Das moralische Grundprinzip ist das Recht des Menschen auf seine Arbeit. […] Für mein Gefühl gibt es nichts Abscheulicheres als ein müßiges Leben. Keiner von uns hat ein Recht darauf. Die Zivilisation hat keinen Platz für Müßiggänger. (Henry Ford)
Das Kapital ist selbst der prozessierende Widerspruch [dadurch], daß es die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduzieren strebt, während es andrerseits die Arbeitszeit als einziges Maß und Quelle des Reichtums setzt. […] Nach der einen Seite hin ruft es also alle Mächte der Wissenschaft und der Natur wie der gesellschaftlichen Kombination und des gesellschaftlichen Verkehrs ins Leben, um die Schöpfung des Reichtums (relativ) unabhängig zu machen von der auf sie angewandten Arbeitszeit. Nach der andren Seite will es diese so geschaffnen riesigen Gesellschaftskräfte messen an der Arbeitszeit und sie einbannen in die Grenzen, die erheischt sind, um den schon geschaffnen Wert als Wert zu erhalten. (Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 1857/58)
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12. Das Ende der PolitikNotwendigerweise zieht die Krise der Arbeit die Krise des Staates und damit der Politik nach sich. Grundsätzlich verdankt der moderne Staat seine Karriere der Tatsache, daß das warenproduzierende System eine übergeordnete Instanz benötigt, die den Rahmen der Konkurrenz, die allgemeinen Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen der Verwertung garantiert – unter Einschluß der Repressionsapparate für den Fall, daß das Menschenmaterial einmal systemwidrig unbotmäßig werden sollte. In seiner massendemokratisch ausgereiften Form mußte der Staat im 20. Jahrhundert auch zunehmend sozialökonomische Aufgaben übernehmen: Nicht nur das soziale Netz gehört dazu, sondern auch das Bildungs- und Gesundheitswesen, Verkehrs- und Kommunikationsnetze, Infrastrukturen aller Art, die für das Funktionieren der industriell entwickelten Arbeitsgesellschaft unerläßlich geworden sind, aber nicht selber als betriebswirtschaftlicher Verwertungsprozeß organisiert werden können. Denn diese Infrastrukturen müssen auf der Ebene der Gesamtgesellschaft dauerhaft und flächendeckend zur Verfügung stehen, können also nicht den Marktkonjunkturen von Angebot und Nachfrage folgen.
Da der Staat aber keine selbständige Verwertungseinheit ist und somit nicht selber Arbeit in Geld verwandeln kann, muß er Geld aus dem realen Verwertungsprozeß abschöpfen, um seine Aufgaben zu finanzieren. Versiegt die Verwertung, so versiegen auch die Staatsfinanzen. Der vermeintliche gesellschaftliche Souverän erweist sich als völlig unselbständig gegenüber der blinden, fetischisierten Ökonomie der Arbeitsgesellschaft. Er mag Gesetze beschließen, so viel er will; wenn die Produktivkräfte über das System der Arbeit hinauswachsen, läuft das positive staatliche Recht ins Leere, das sich immer nur auf Subjekte der Arbeit beziehen kann.
Mit stetig wachsender Massenarbeitslosigkeit vertrocknen die Staatseinnahmen aus der Besteuerung von Arbeitseinkommen. Die sozialen Netze reißen, sobald eine kritische Masse von „Überflüssigen“ erreicht wird, die nur noch durch Umverteilung von anderen Geldeinkommen kapitalistisch ernährt werden können. Mit dem rapiden Konzentrationsprozeß des Kapitals in der Krise, der über die nationalökonomischen Grenzen hinausgreift, brechen auch die Staatseinnahmen aus der Besteuerung von Unternehmensgewinnen weg. Die transnationalen Konzerne zwingen die um Investitionen konkurrierenden Staaten zum Steuerdumping, Sozialdumping und Ökodumping.
Genau diese Entwicklung ist es, die den demokratischen Staat zum reinen Krisenverwalter mutieren läßt. Je mehr er sich dem finanziellen Notstand nähert, desto mehr reduziert er sich auf seinen repressiven Kern. Die Infrastrukturen werden zurückgefahren auf die Bedürfnisse des transnationalen Kapitals. Wie ehemals in den kolonialen Gebieten beschränkt sich die gesellschaftliche Logistik zunehmend auf wenige ökonomische Zentren, während der Rest verödet. Was sich privatisieren läßt, wird privatisiert, auch wenn damit immer mehr Menschen von den elementarsten Versorgungsleistungen ausgeschlossen bleiben. Wo die Kapitalverwertung sich auf immer weniger Weltmarktinseln konzentriert, kommt es auf eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung nicht mehr an.
Soweit es nicht die unmittelbar wirtschaftsrelevanten Bereiche betrifft, ist es uninteressant, ob Züge fahren und Briefe ankommen. Die Bildung wird zum Privileg der Globalisierungsgewinnler. Die geistige, künstlerische und theoretische Kultur wird auf das Kriterium der Marktgängigkeit verwiesen und stirbt ab. Das Gesundheitswesen wird unfinanzierbar und zerfällt in ein Klassensystem. Zuerst schleichend und klammheimlich, dann in aller Offenheit gilt das Gesetz der sozialen Euthanasie: Weil du arm und „überflüssig“ bist, mußt du früher sterben.
Während alle Kenntnisse, Fähigkeiten und Mittel der Medizin, der Bildung, der Kultur, der allgemeinen Infrastruktur überreichlich zur Verfügung stehen, werden sie nach dem zum „Finanzierungsvorbehalt“ objektivierten irrationalen Gesetz der Arbeitsgesellschaft unter Verschluß gehalten, demobilisiert und verschrottet – genau wie die industriellen und agrarischen Produktionsmittel, die nicht mehr „rentabel“ darstellbar sind. Außer der repressiven Arbeitssimulation durch Formen der Zwangs- und Billigarbeit und dem Abbau aller Leistungen hat der zum Apartheid-System transformierte demokratische Staat seinen Ex-Arbeitsbürgern nichts mehr zu bieten. In einem weiter fortgeschrittenen Stadium zerfällt die Staatsverwaltung überhaupt. Die Staatsapparate verwildern zu einer korrupten Kleptokratie, das Militär zu Mafia-Kriegsbanden, die Polizei zu Wegelagerern.
Diese Entwicklung kann durch keine Politik der Welt mehr aufgehalten oder gar rückgängig gemacht werden. Denn Politik ist ihrem Wesen nach staatsbezogenes Handeln, das unter den Bedingungen der Entstaatlichung gegenstandslos wird. Die linksdemokratische Formel von der „politischen Gestaltung“ der Verhältnisse blamiert sich von Tag zu Tag mehr. Außer endloser Repression, Abbau der Zivilisation und Hilfestellung für den „Terror der Ökonomie“ gibt es nichts mehr zu „gestalten“. Da der arbeitsgesellschaftliche Selbstzweck der politischen Demokratie axiomatisch vorausgesetzt ist, kann es für die Krise der Arbeit auch keine politisch-demokratische Regulation geben. Das Ende der Arbeit wird zum Ende der Politik.
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13. Die kasinokapitalistische Simulation der ArbeitsgesellschaftDas herrschende gesellschaftliche Bewußtsein lügt sich systematisch über den wahren Zustand der Arbeitsgesellschaft hinweg. Die Zusammenbruchsregionen werden ideologisch exkommuniziert, die Arbeitsmarktstatistiken hemmungslos gefälscht, die Formen der Verelendung medial wegsimuliert. Simulation ist überhaupt das zentrale Merkmal des Krisenkapitalismus. Das gilt auch für die Ökonomie selbst. Wenn es zumindest in den westlichen Kernländern bis jetzt so erscheint, als könnte das Kapital auch ohne Arbeit akkumulieren und die reine Form des Geldes substanzlos aus sich heraus die weitere Verwertung des Werts garantieren, so ist dieser Schein einem Simulationsprozeß der Finanzmärkte geschuldet. Spiegelbildlich zur Simulation der Arbeit durch Zwangsmaßnahmen der demokratischen Arbeitsverwaltung hat sich eine Simulation der Kapitalverwertung durch die spekulative Entkoppelung des Kreditsystems und der Aktienmärkte von der Realökonomie herausgebildet.
Die Vernutzung gegenwärtiger Arbeit wird ersetzt durch den Zugriff auf die Vernutzung zukünftiger Arbeit, die nie mehr stattfinden wird. Es handelt sich gewissermaßen um eine Kapitalakkumulation in einem fiktiven „Futur II“. Das Geldkapital, das nicht mehr rentabel in die Realökonomie reinvestiert werden und daher keine Arbeit mehr ansaugen kann, muß verstärkt in die Finanzmärkte ausweichen.
Schon der fordistische Schub der Verwertung in den Zeiten des „Wirtschaftswunders“ nach dem Zweiten Weltkrieg war kein vollständig selbsttragender mehr. Weit über seine Steuereinnahmen hinaus nahm der Staat in einem bis dahin ungekannten Ausmaß Kredite auf, weil die Rahmenbedingungen der Arbeitsgesellschaft anders nicht mehr finanzierbar waren. Der Staat verpfändete also seine zukünftigen reellen Einnahmen. Auf diese Weise entstand einerseits für „überschüssiges“ Geldkapital eine finanzkapitalistische Anlagemöglichkeit – es wurde dem Staat gegen Zinsen geliehen. Dieser beglich die Zinsen aus neuen Krediten und schleuste das geliehene Geld umgehend wieder in den ökonomischen Kreislauf zurück. Er finanzierte also damit andererseits Sozialausgaben und Infrastruktur-Investitionen und schuf so eine im kapitalistischen Sinne künstliche, weil durch keinerlei produktive Arbeitsverausgabung gedeckte Nachfrage. Der fordistische Boom wurde so über seine eigentliche Reichweite hinaus verlängert, indem die Arbeitsgesellschaft ihre eigene Zukunft anzapfte.
Dieses simulative Moment schon des scheinbar noch intakten Verwertungsprozesses fand seine Grenzen zusammen mit der Staatsverschuldung. Die staatlichen „Schuldenkrisen“ nicht nur in der 3. Welt, sondern auch in den Zentren ließen eine weitere Expansion auf diesem Wege nicht mehr zu. Das war die objektive Grundlage für den Siegeszug der neoliberalen Deregulierung, die laut Ideologie mit einer drastischen Senkung der Staatsquote am Sozialprodukt einhergehen sollte. In Wirklichkeit werden Deregulierung und Abbau der Staatsaufgaben kompensiert durch die Kosten der Krise, und sei es in Form der staatlichen Repressions- und Simulationskosten. In vielen Staaten steigt die Staatsquote auf diese Weise sogar noch an.
Aber die weitere Akkumulation des Kapitals ist durch die Staatsverschuldung nicht mehr zu simulieren. Deshalb verlagerte sich seit den 80er Jahren die zusätzliche Kreation des fiktiven Kapitals auf die Aktienmärkte. Dort geht es längst nicht mehr um die Dividende, den Gewinnanteil an der realen Produktion, sondern nur noch um den Kursgewinn, die spekulative Wertsteigerung der Eigentumstitel bis in astronomische Größenordnungen. Das Verhältnis von Realökonomie und spekulativer Finanzmarktbewegung hat sich auf den Kopf gestellt. Die spekulative Kurssteigerung nimmt nicht mehr die realökonomische Expansion vorweg, sondern umgekehrt simuliert die Hausse fiktiver Wertschöpfung eine Realakkumulation, die es schon gar nicht mehr gibt.
Der Arbeitsgötze ist klinisch tot, aber er wird künstlich beatmet durch die scheinbar verselbständigte Expansion der Finanzmärkte. Industrielle Unternehmen machen Gewinne, die gar nicht mehr aus der längst zum Verlustgeschäft gewordenen Produktion und dem Verkauf von realen Gütern stammen, sondern aus der Beteiligung einer „cleveren“ Finanzabteilung an der Aktien- und Devisenspekulation. Öffentliche Haushalte weisen Einnahmen aus, die gar nicht mehr durch Steuern oder Kreditaufnahme zustande kommen, sondern durch eifriges Mitgehen der Finanzverwaltung an den Zockermärkten. Und private Haushalte, deren reelle Einnahmen aus Löhnen und Gehältern dramatisch zurückgehen, leisten sich ein weiterhin hohes Konsumniveau, indem sie Aktiengewinne beleihen. Es entsteht also eine neue Form von künstlicher Nachfrage, die dann wiederum reale Produktion und reale staatliche Steuereinnahmen „ohne Boden unter den Füßen“ nach sich zieht.
Auf diese Weise wird die Weltwirtschaftskrise durch den spekulativen Prozeß hinausgeschoben. Aber da die fiktive Wertsteigerung der Eigentumstitel nur die Vorwegnahme zukünftiger realer Arbeitsvernutzung (in einem entsprechend astronomischen Ausmaß) sein kann, die nie mehr kommen wird, muß der objektivierte Schwindel nach einer gewissen Inkubationszeit auffliegen. Der Zusammenbruch der „emerging markets“ in Asien, Lateinamerika und Osteuropa hat einen ersten Vorgeschmack geliefert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die Finanzmärkte der kapitalistischen Zentren in den USA, der EU und Japan kollabieren.
Dieser Zusammenhang wird im arbeitsgesellschaftlichen Fetisch-Bewußtsein und gerade auch bei den herkömmlichen linken und rechten „Kapitalismuskritikern“ völlig verzerrt wahrgenommen. Fixiert auf das zur überhistorischen und positiven Existenzbedingung geadelte Phantom der Arbeit verwechseln sie systematisch Ursache und Wirkung. Der vorübergehende Krisenaufschub durch die spekulative Expansion der Finanzmärkte erscheint dann genau umgekehrt als vermeintliche Ursache der Krise. Die „bösen Spekulanten“, so heißt es mehr oder weniger panisch, würden die ganze schöne Arbeitsgesellschaft kaputtmachen, weil sie das „gute Geld“, von dem „genug da“ sei, aus Jux und Tollerei verzocken, statt es brav und solide in wunderbare „Arbeitsplätze“ zu investieren, auf daß eine arbeitswahnsinnige Heloten-Menschheit weiterhin „vollbeschäftigt“ sein könne.
Es will in diese Köpfe einfach nicht hinein, daß keineswegs die Spekulation die Realinvestitionen zum Stehen gebracht hat, sondern diese schon durch die 3. industrielle Revolution unrentabel geworden sind und das spekulative Abheben nur ein Symptom dafür sein kann. Das Geld, das da in scheinbar unerschöpflicher Menge zirkuliert, ist selbst im kapitalistischen Sinne längst kein „gutes“ mehr, sondern bloß noch „heiße Luft“, mit der die spekulative Blase aufgetrieben wurde. Jeder Versuch, diese Blase durch Projekte einer wie auch immer gearteten Besteuerung anzupieksen („Tobinsteuer“ usw.), um das Geldkapital wieder auf die vermeintlich „richtigen“ und realen arbeitsgesellschaftlichen Mühlen zu lenken, könnte nur mit dem umso schnelleren Platzen der Blase enden.
Statt zu begreifen, daß wir alle unaufhaltsam unrentabel werden und deshalb das Kriterium der Rentabilität selber samt seinen arbeitsgesellschaftlichen Grundlagen als obsolet anzugreifen ist, dämonisiert man lieber „die Spekulanten“ – dieses billige Feindbild pflegen einhellig Rechtsradikale und Autonome, biedere Gewerkschaftsfunktionäre und keynesianische Nostalgiker, Sozialtheologen und Talkmaster, überhaupt alle Apostel der „ehrlichen Arbeit“. Die wenigsten sind sich bewußt, daß es von da bis zur Remobilisierung des antisemitischen Wahns nur noch ein kleiner Schritt ist. Das „schaffende“ nationalblütige Realkapital gegen das „raffende“ international-„jüdische“ Geldkapital zu beschwören, droht das letzte Wort der geistig verwahrlosten Arbeitsplatz-Linken zu werden. Das letzte Wort der von Haus aus rassistischen, antisemitischen und antiamerikanischen Arbeitsplatz-Rechten ist es sowieso.
Sobald die Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maß zu sein und daher der Tauschwert [das Maß] des Gebrauchswerts. […] Damit bricht die auf dem Tauschwert ruhnde Produktion zusammen und der unmittelbare materielle Produktionsprozeß erhält selbst die Form der Notdürftigkeit und Gegensätzlichkeit abgestreift. (Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 1857/58)
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14. Arbeit läßt sich nicht umdefinierenNach Jahrhunderten der Zurichtung kann sich der moderne Mensch ein Leben jenseits der Arbeit schlechterdings nicht mehr vorstellen. Als imperiales Prinzip beherrscht die Arbeit nicht nur die Sphäre der Ökonomie im engeren Sinne, sondern durchdringt das gesamte soziale Dasein bis in die Poren des Alltags und der privaten Existenz. Die „Freizeit“, schon dem Wortsinne nach ein Gefängnisbegriff, dient längst selber dazu, Waren „aufzuarbeiten“, um so für den nötigen Absatz zu sorgen.
Aber sogar jenseits der verinnerlichten Pflicht zum Warenkonsum als Selbstzweck legt sich der Schatten der Arbeit auch außerhalb von Büro und Fabrik auf das moderne Individuum. Sobald es sich aus dem Fernsehsessel erhebt und aktiv wird, verwandelt sich jedes Tun sofort in ein arbeitsähnliches. Der Jogger ersetzt die Stechuhr durch die Stoppuhr, im chromblanken Fitneßstudio erlebt die Tretmühle ihre postmoderne Wiedergeburt und die Urlauber schrubben in ihrem Auto Kilometer herunter, als müßten sie die Jahresleistung eines Fernfahrers erbringen. Selbst noch das Vögeln orientiert sich an DIN-Normen der Sexualforschung und an Konkurrenzmaßstäben der Talk-Show-Prahlereien.
Erlebte König Midas es immerhin noch als Fluch, daß alles, was er berührte, sich in Gold verwandelte, so ist sein moderner Leidensgenosse über dieses Stadium bereits hinaus. Der Arbeitsmensch merkt nicht einmal mehr, daß durch die Angleichung an das Muster der Arbeit jedes Tun seine besondere sinnliche Qualität verliert und gleichgültig wird. Im Gegenteil: nur durch diese Angleichung an die Gleichgültigkeit der Warenwelt mißt er einer Tätigkeit überhaupt erst Sinn, Berechtigung und soziale Bedeutung zu. Mit einem Gefühl wie Trauer etwa kann das Arbeitssubjekt nicht viel anfangen; die Verwandlung von Trauer in „Trauerarbeit“ indes macht diesen emotionalen Fremdkörper zu einer bekannten Größe, über die man sich mit seinesgleichen austauschen kann. Selbst noch das Träumen wird so zur „Traumarbeit“, die Auseinandersetzung mit einem geliebten Menschen zur „Beziehungsarbeit“ und der Umgang mit Kindern zur „Erziehungsarbeit“ entwirklicht und vergleichgültigt. Wo immer der moderne Mensch auf der Ernsthaftigkeit seines Tuns beharren will, hat er auch schon das Wort „Arbeit“ auf den Lippen.
Der Imperialismus der Arbeit schlägt sich also im alltäglichen Sprachgebrauch nieder. Wir sind nicht nur gewohnt, das Wort „Arbeit“ inflationär zu verwenden, sondern auch auf zwei ganz verschiedenen Bedeutungsebenen. „Arbeit“ bezeichnet längst nicht mehr nur (wie es zutreffend wäre) die kapitalistische Tätigkeitsform in der Selbstzweck-Mühle, sondern dieser Begriff ist zum Synonym für jede zielgerichtete Anstrengung überhaupt geworden und hat damit seine Spuren verwischt.
Diese begriffliche Unschärfe bereitet den Boden für eine ebenso halbseidene wie gängige Kritik der Arbeitsgesellschaft, die genau verkehrt herum operiert, nämlich vom positiv gedeuteten Imperialismus der Arbeit aus. Der Arbeitsgesellschaft wird ausgerechnet vorgeworfen, daß sie das Leben noch nicht genug mit ihrer Tätigkeitsform beherrscht, weil sie den Begriff der Arbeit angeblich „zu eng“ faßt, nämlich „Eigenarbeit“ oder „unbezahlte Selbsthilfe“ (Hausarbeit, Nachbarschaftshilfe usw.) daraus moralisch exkommuniziert und nur marktgängige Erwerbsarbeit als „wirkliche“ Arbeit gelten läßt. Eine Neubewertung und Erweiterung des Arbeitsbegriffs soll diese einseitige Fixierung und die damit verbundenen Hierarchisierungen beseitigen.
Es geht diesem Denken also gar nicht um die Emanzipation von den herrschenden Zwängen, sondern lediglich um eine semantische Reparatur. Die unübersehbare Krise der Arbeitsgesellschaft soll dadurch gelöst werden, daß das gesellschaftliche Bewußtsein bislang inferiore Tätigkeitsformen neben der kapitalistischen Produktionssphäre „wirklich“ in den Adelsstand der Arbeit erhebt. Aber die Inferiorität dieser Tätigkeiten ist eben nicht bloß das Ergebnis einer bestimmten ideologischen Betrachtungsweise, sondern gehört zur Grundstruktur des warenproduzierenden Systems und ist durch nette moralische Umdefinitionen nicht aufzuheben.
In einer Gesellschaft, die von der Warenproduktion als Selbstzweck beherrscht wird, kann als eigentlicher Reichtum nur gelten, was in monetarisierter Gestalt darstellbar ist. Der davon bestimmte Arbeitsbegriff strahlt zwar imperial auf alle anderen Sphären aus, aber nur negativ, indem er diese als von sich abhängig kenntlich macht. Die Sphären außerhalb der Warenproduktion bleiben so notwendigerweise im Schatten der kapitalistischen Produktionssphäre, weil sie in der abstrakten betriebswirtschaftlichen Zeitsparlogik nicht aufgehen – auch und gerade dann, wenn sie lebensnotwendig sind wie der abgespaltene, als „weiblich“ definierte Tätigkeitsbereich des privaten Haushalts, der persönlichen Zuwendung usw.
Eine moralisierende Erweiterung des Arbeitsbegriffs statt seiner radikalen Kritik verschleiert nicht nur den realen gesellschaftlichen Imperialismus der warenproduzierenden Ökonomie, sondern fügt sich auch bestens in die autoritären Strategien der staatlichen Krisenverwaltung ein. Die seit den 70er Jahren erhobene Forderung, auch die „Hausarbeit“ und die Tätigkeiten im „Dritten Sektor“ als vollgültige Arbeit gesellschaftlich „anzuerkennen“, spekulierte zunächst auf finanzielle staatliche Transferleistungen. Der Krisenstaat allerdings dreht den Spieß um und mobilisiert den moralischen Impetus dieser Forderung im Sinne des berüchtigten „Subsidiaritätsprinzips“ gerade gegen ihre materiellen Hoffnungen.
Das Hohelied auf „Ehrenamt“ und „Bürgerarbeit“ handelt nicht von der Erlaubnis, in den ziemlich leeren staatlichen Finanztöpfen stochern zu dürfen, sondern wird zum Alibi für den sozialen Rückzug des Staates, für die anlaufenden Zwangsarbeitsprogramme und für den schäbigen Versuch, die Krisenlast hauptsächlich auf die Frauen abzuwälzen. Die offiziellen gesellschaftlichen Institutionen geben ihre soziale Verpflichtung preis mit dem ebenso freundlichen wie kostenlosen Appell an „uns alle“, doch gefälligst fortan mit privater Eigeninitiative eigenes wie fremdes Elend zu bekämpfen und keine materiellen Forderungen mehr zu stellen. So öffnet die als Emanzipationsprogramm mißverstandene Definitions-Akrobatik am weiterhin geheiligten Arbeitsbegriff dem staatlichen Versuch Tür und Tor, die Aufhebung der Lohnarbeit als Beseitigung des Lohns unter Beibehaltung der Arbeit auf der verbrannten Erde der Marktwirtschaft zu vollziehen. Unfreiwillig wird damit bewiesen, daß soziale Emanzipation heute nicht die Umwertung der Arbeit, sondern nur die bewußte Entwertung der Arbeit zum Inhalt haben kann.
Neben den materiellen können einfache, personenbezogene Dienste auch den immateriellen Wohlstand erhöhen. So kann das Wohlbefinden der Kunden steigen, wenn ihnen Dienstleister belastende Eigenarbeit abnehmen. Zugleich steigt das Wohlbefinden der Dienstleister, wenn sich ihr Selbstwertgefügl durch die Tätigkeit erhöht. Einen einfachen, personenbezogenen Dienst auszuüben ist für die Psyche besser als arbeitslos zu sein. (Bericht der Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, 1997)
Halte Dich fest an die Kenntnis, die sich beim Arbeiten bewährt, denn die Natur selbst bestätigt diese und sagt Ja dazu. Eigentlich hast Du gar keine andere Kenntnis, als die, welche Du durch das Arbeiten erworben, das übrige ist alles nur eine Hypothese des Wissens. (Thomas Carlyle, Arbeiten und nicht verzweifeln, 1843)
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15. Die Krise des InteressenkampfesSo sehr die fundamentale Krise der Arbeit auch verdrängt und tabuisiert wird, sie prägt dennoch alle aktuellen sozialen Konflikte. Der Übergang von einer Gesellschaft der Massenintegration zu einer Selektions- und Apartheids-Ordnung hat nicht etwa zu einer neuen Runde des alten Klassenkampfs zwischen Kapital und Arbeit geführt, sondern zu einer kategorialen Krise des systemimmanenten Interessenkampfes selbst. Schon in der Epoche der Prosperität nach dem Zweiten Weltkrieg war die alte Emphase des Klassenkampfes verblaßt. Aber nicht etwa deswegen, weil das „an sich“ revolutionäre Subjekt durch manipulative Machenschaften und Bestechung mit fragwürdigem Wohlstand „integriert“ worden wäre, sondern weil sich umgekehrt auf dem fordistischen Entwicklungsstand die logische Identität von Kapital und Arbeit als soziale Funktions-Kategorien einer gemeinsamen gesellschaftlichen Fetischform herausschälte. Der systemimmanente Wunsch, die Ware Arbeitskraft zu möglichst guten Konditionen zu verkaufen, verlor jedes transzendierende Moment.
Ging es dabei bis in die 70er Jahre hinein immerhin noch darum, eine Beteiligung möglichst breiter Schichten der Bevölkerung an den giftigen arbeitsgesellschaftlichen Früchten zu erstreiten, so ist selbst dieser Impuls unter den neuen Krisenbedingungen der 3. industriellen Revolution erloschen. Nur solange die Arbeitsgesellschaft expandierte, war es möglich, den Interessenkampf ihrer sozialen Funktions-Kategorien im großen Maßstab zu führen. In demselben Maße jedoch, wie die gemeinsame Basis verfällt, können die systemimmanenten Interessen nicht mehr auf gesamtgesellschaftlichem Niveau zusammengefaßt werden. Eine allgemeine Entsolidarisierung setzt ein. Die Lohnarbeiter desertieren aus den Gewerkschaften, die Managerinnen aus den Unternehmensverbänden. Jeder für sich und der kapitalistische System-Gott gegen alle: Die vielbeschworene Individualisierung ist nichts als ein weiteres Krisensymptom der Arbeitsgesellschaft.
Soweit überhaupt noch Interessen aggregiert werden können, geschieht dies nur im mikro-ökonomischen Maßstab. Denn in demselben Maße, wie es sich als Hohn auf die soziale Befreiung geradezu zum Privileg entwickelt hat, das eigene Leben betriebswirtschaftlich verwursten zu lassen, degeneriert die Interessenvertretung der Ware Arbeitskraft zur knallharten Lobby-Politik immer kleinerer sozialer Segmente. Wer die Logik der Arbeit akzeptiert, muß jetzt auch die Logik der Apartheid akzeptieren. Es geht nur noch darum, der eigenen eng umrissenen Klientel auf Kosten aller anderen die Verkäuflichkeit ihrer Haut zu sichern. Belegschaften und Betriebsräte finden ihren wahren Gegner längst nicht mehr im Management ihres Unternehmens, sondern in den Lohnabhängigen konkurrierender Betriebe und „Standorte“, egal ob in der nächsten Ortschaft oder im Fernen Osten. Und wenn sich die Frage stellt, wer beim nächsten Schub betriebswirtschaftlicher Rationalisierung über die Klinge springen muß, werden auch die Nachbarabteilung und der unmittelbare Kollege zum Feind.
Die radikale Entsolidarisierung betrifft keineswegs nur die betriebliche und gewerkschaftliche Auseinandersetzung. Da gerade in der Krise der Arbeitsgesellschaft alle Funktionskategorien umso fanatischer auf deren inhärenter Logik beharren, daß jedes menschliche Wohlergehen bloßes Abfallprodukt rentabler Verwertung sein kann, beherrscht das Sankt-Florians-Prinzip alle Interessenkonflikte. Sämtliche Lobbys kennen die Spielregeln und handeln danach. Jede Mark, die eine andere Klientel erhält, ist für die eigene verloren. Jeder Einschnitt am anderen Ende des sozialen Netzes erhöht die Chance, selber noch eine Galgenfrist herauszuschinden. Der Rentner wird zum natürlichen Gegner aller Beitragszahler, der Kranke zum Feind aller Versicherten und der Immigrant zum Haßobjekt aller wildgewordenen Inländer.
Irreversibel erschöpft sich so das Unterfangen, den systemimmanenten Interessenkampf als Hebel sozialer Emanzipation einsetzen zu wollen. Damit ist die klassische Linke am Ende. Eine Wiedergeburt radikaler Kapitalismuskritik setzt den kategorialen Bruch mit der Arbeit voraus. Erst wenn ein neues Ziel der sozialen Emanzipation jenseits der Arbeit und ihrer abgeleiteten Fetisch-Kategorien (Wert, Ware, Geld, Staat, Rechtsform, Nation, Demokratie usw.) gesetzt wird, ist eine Re-Solidarisierung auf hohem Niveau und im gesamtgesellschaftlichen Maßstab möglich. Und erst in dieser Perspektive können auch systemimmanente Abwehrkämpfe gegen die Logik der Lobbysierung und Individualisierung re-aggregiert werden; jetzt allerdings nicht mehr im positiven, sondern im negatorischen strategischen Bezug auf die herrschenden Kategorien.
Bis jetzt drückt sich die Linke vor dem kategorialen Bruch mit der Arbeitsgesellschaft. Sie verharmlost die Systemzwänge zur bloßen Ideologie und die Logik der Krise zum bloßen politischen Projekt der „Herrschenden“. An die Stelle des kategorialen Bruchs tritt die sozialdemokratische und keynesianische Nostalgie. Nicht eine neue konkrete Allgemeinheit sozialer Formierung jenseits von abstrakter Arbeit und Geldform wird angestrebt, sondern die Linke versucht die alte abstrakte Allgemeinheit des systemimmanenten Interesses krampfhaft festzuhalten. Aber diese Versuche bleiben selber abstrakt und können keine soziale Massenbewegung mehr integrieren, weil sie sich an den realen Krisenverhältnissen vorbeimogeln.
Das gilt besonders für die Forderung nach einem garantierten Existenzgeld oder Mindesteinkommen. Statt konkrete soziale Abwehrkämpfe gegen bestimmte Maßnahmen des Apartheid-Regimes mit einem allgemeinen Programm gegen die Arbeit zu verbinden, will diese Forderung eine falsche Allgemeinheit der sozialen Kritik herstellen, die in jeder Hinsicht abstrakt, systemimmanent und hilflos bleibt. Die soziale Krisenkonkurrenz kann damit nicht überwunden werden. Ignorant wird das ewige Weiterfunktionieren der globalen Arbeitsgesellschaft vorausgesetzt, denn woher sonst sollte das Geld kommen, um dieses staatlich garantierte Grundeinkommen zu finanzieren, wenn nicht aus gelingenden Verwertungsprozessen? Wer auf eine solche „Sozialdividende“ baut (schon der Name spricht Bände), muß gleichzeitig klammheimlich auf eine privilegierte Position des „eigenen“ Landes in der globalen Konkurrenz setzen. Denn nur der Sieg im Weltkrieg der Märkte würde es vorübergehend erlauben, einige Millionen kapitalistisch „überflüssiger“ Mitesser zuhause durchzufüttern – unter Ausschluß aller Menschen ohne inländischen Paß, versteht sich.
Die Reform-Heimwerker der Existenzgeldforderung ignorieren die kapitalistische Verfaßtheit der Geldform in jeder Hinsicht. Letztlich geht es ihnen nur darum, vom kapitalistischen Arbeits- und Warenkonsum-Subjekt das letztere zu retten. Statt die kapitalistische Lebensweise überhaupt in Frage zu stellen, soll die Welt trotz Krise der Arbeit weiterhin unter Lawinen stinkender Blechhaufen, häßlicher Betonklötze und minderwertigen Warenschrotts begraben werden, damit den Menschen die einzige klägliche Freiheit erhalten bleibt, die sie sich noch vorstellen können: die Wahlfreiheit vor den Regalen des Supermarkts.
Aber selbst diese traurige und beschränkte Perspektive ist völlig illusionär. Ihre linken Protagonisten und theoretischen Analphabeten haben vergessen, daß der kapitalistische Warenkonsum niemals schlicht der Befriedigung von Bedürfnissen dient, sondern immer nur eine Funktion der Verwertungsbewegung sein kann. Wenn die Arbeitskraft nicht mehr zu verkaufen ist, gelten selbst elementare Bedürfnisse als unverschämte luxurierende Ansprüche, die auf ein Minimum herabgedrückt werden müssen. Und genau dafür wird das Existenzgeld-Programm ein Vehikel sein, nämlich als Instrument staatlicher Kostenreduktion und als Elendsversion der Sozialtransfers, die an die Stelle der kollabierenden Sozialversicherungen tritt. In diesem Sinne hat der Vordenker des Neoliberalismus, Milton Friedman, das Konzept des Grundeinkommens ursprünglich entworfen, bevor eine abgerüstete Linke es als vermeintlichen Rettungsanker entdeckte. Und mit diesem Inhalt wird es auch Wirklichkeit werden – oder gar nicht.
Es hat sich gezeigt, daß infolge der unvermeidlichen Gesetze der Menschennatur manche menschliche Wesen der Not ausgesetzt sein werden. Diese sind die unglücklichen Personen, die in der großen Lebenslotterie eine Niete gezogen haben. (Thomas Robert Malthus)
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16. Die Aufhebung der ArbeitDer kategoriale Bruch mit der Arbeit findet keine fertigen und objektiv bestimmten gesellschaftlichen Lager vor wie der systemimmanent beschränkte Interessenkampf. Er ist ein Bruch mit der falschen Sachgesetzlichkeit einer „zweiten Natur“, also nicht selber wieder ein quasi-automatischer Vollzug, sondern negatorische Bewußtheit – Verweigerung und Rebellion ohne irgendein „Gesetz der Geschichte“ im Rücken. Ausgangspunkt kann kein neues abstrakt-allgemeines Prinzip sein, sondern nur der Ekel vor dem eigenen Dasein als Arbeits- und Konkurrenzsubjekt und die kategorische Weigerung, auf immer elenderem Niveau weiter so funktionieren zu müssen.
Trotz ihrer absoluten Vorherrschaft ist es der Arbeit nie gelungen, den Widerwillen gegen die von ihr gesetzten Zwänge ganz auszulöschen. Neben allen regressiven Fundamentalismen und allem Konkurrenzwahn der sozialen Selektion gibt es auch ein Protest- und Widerstandspotential. Das Unbehagen im Kapitalismus ist massenhaft vorhanden, aber in den soziopsychischen Untergrund abgedrängt. Es wird nicht abgerufen. Deshalb bedarf es eines neuen geistigen Freiraums, damit das Undenkbare denkbar gemacht werden kann. Das Weltdeutungsmonopol des Arbeits-Lagers ist aufzubrechen. Der theoretischen Kritik der Arbeit kommt dabei die Rolle eines Katalysators zu. Sie hat die Pflicht, die herrschenden Denkverbote frontal anzugreifen und ebenso offen wie klar auszusprechen, was sich niemand zu wissen traut und viele doch spüren: Die Arbeitsgesellschaft ist definitiv am Ende. Und es gibt nicht den geringsten Grund, ihr Hinscheiden zu bedauern.
Erst die ausdrücklich formulierte Kritik der Arbeit und eine entsprechende theoretische Debatte können jene neue Gegenöffentlichkeit schaffen, die unabdingbare Voraussetzung dafür ist, daß sich eine praktische soziale Bewegung gegen die Arbeit konstituiert. Die Binnenstreitereien innerhalb des Arbeits-Lagers haben sich erschöpft und werden immer absurder. Umso dringender ist es, die gesellschaftlichen Konfliktlinien neu zu bestimmen, entlang derer sich ein Bündnis gegen die Arbeit formieren kann.
Es gilt also in groben Zügen zu skizzieren, welche Zielsetzungen für eine Welt jenseits der Arbeit möglich sind. Das Programm gegen die Arbeit speist sich nicht aus einem Kanon positiver Prinzipien, sondern aus der Kraft der Negation. Ging die Durchsetzung der Arbeit mit der umfassenden Enteignung der Menschen von den Bedingungen ihres eigenen Lebens einher, so kann die Negation der Arbeitsgesellschaft nur darin bestehen, daß sich die Menschen ihren gesellschaftlichen Zusammenhang auf höherem historischen Niveau wieder aneignen. Die Gegner der Arbeit werden deshalb die Bildung weltweiter Verbünde frei assoziierter Individuen anstreben, die der leerlaufenden Arbeits- und Verwertungsmaschine die Produktions- und Existenzmittel entreißen und sie in die eigene Hand nehmen. Nur im Kampf gegen die Monopolisierung aller gesellschaftlichen Ressourcen und Reichtumspotentiale durch die Entfremdungsmächte von Markt und Staat lassen sich soziale Räume der Emanzipation erobern.
Dabei ist auch das Privateigentum auf eine neue und andere Weise anzugreifen. Für die bisherige Linke war das Privateigentum nicht die juristische Form des warenproduzierenden Systems, sondern lediglich eine ominöse subjektive „Verfügungsgewalt“ der Kapitalisten über die Ressourcen. So konnte der absurde Gedanke entstehen, das Privateigentum auf dem Boden der Warenproduktion überwinden zu wollen. Als Gegensatz zum Privateigentum erschien daher in der Regel das Staatseigentum („Verstaatlichung“). Der Staat aber ist nichts als die äußerliche Zwangsgemeinschaft oder abstrakte Allgemeinheit der sozial atomisierten Warenproduzenten, das Staatseigentum somit nur eine abgeleitete Form des Privateigentums – egal, ob es mit dem Adjektiv „sozialistisch“ versehen wird oder nicht.
In der Krise der Arbeitsgesellschaft wird das Privateigentum ebenso wie das Staatseigentum obsolet, weil beide Eigentumsformen gleichermaßen den Verwertungsprozeß voraussetzen. Eben deshalb liegen die entsprechenden sachlichen Mittel zunehmend brach und bleiben verschlossen. Und eifersüchtig wachen die staatlichen, betrieblichen und juristischen Funktionäre darüber, daß dies so bleibt und die Produktionsmittel eher verrotten als für einen anderen Zweck eingesetzt zu werden. Die Eroberung der Produktionsmittel durch freie Assoziationen gegen die staatliche und juristische Zwangsverwaltung kann daher nur bedeuten, daß diese Produktionsmittel nicht mehr in der Form der Warenproduktion für anonyme Märkte mobilisiert werden.
An die Stelle der Warenproduktion tritt die direkte Diskussion, Absprache und gemeinsame Entscheidung der Gesellschaftsmitglieder über den sinnvollen Einsatz der Ressourcen. Die unter dem Diktat des kapitalistischen Selbstzwecks undenkbare gesellschaftlich-institutionelle Identität von Produzenten und Konsumenten wird hergestellt. Die entfremdeten Institutionen von Markt und Staat werden abgelöst durch ein gestaffeltes System von Räten, in denen vom Stadtteil bis zur Weltebene die freien Assoziationen nach Gesichtspunkten sinnlicher, sozialer und ökologischer Vernunft über den Fluß der Ressourcen bestimmen.
Nicht mehr der Selbstzweck von Arbeit und „Beschäftigung“ bestimmt das Leben, sondern die Organisation des sinnvollen Einsatzes von gemeinsamen Möglichkeiten, die durch keine automatische „unsichtbare Hand“ gesteuert werden, sondern durch bewußtes gesellschaftliches Handeln. Der produzierte Reichtum wird direkt nach Bedürfnissen angeeignet, nicht nach „Zahlungsfähigkeit“. Zusammen mit der Arbeit verschwindet die abstrakte Allgemeinheit des Geldes ebenso wie diejenige des Staates. An die Stelle der getrennten Nationen tritt eine Weltgesellschaft, die keine Grenzen mehr benötigt, in der sich jeder Mensch frei bewegen und an jedem beliebigen Ort das universelle Gastrecht beanspruchen kann.
Die Kritik der Arbeit ist eine Kriegserklärung an die herrschende Ordnung, keine friedliche Nischen-Koexistenz mit deren Zwängen. Die Parole der sozialen Emanzipation kann nur lauten: Nehmen wir uns, was wir brauchen! Kriechen wir nicht länger auf Knien unter das Joch der Arbeitsmärkte und der demokratischen Krisenverwaltung! Die Voraussetzung dafür ist die Kontrolle neuer sozialer Organisationsformen (freier Assoziationen, Räte) über die gesamtgesellschaftlichen Bedingungen der Reproduktion. Dieser Anspruch unterscheidet die Gegner der Arbeit grundsätzlich von allen Nischenpolitikern und Kleingeistern eines Schrebergarten-Sozialismus.
Die Herrschaft der Arbeit spaltet das menschliche Individuum. Sie trennt das Wirtschaftssubjekt vom Staatsbürger, das Arbeitstier vom Freizeitmenschen, das abstrakt Öffentliche vom abstrakt Privaten, die produzierte Männlichkeit von der produzierten Weiblichkeit und sie stellt den vereinzelten Einzelnen ihren eigenen gesellschaftlichen Zusammenhang als eine fremde, sie beherrschende Macht gegenüber. Die Gegner der Arbeit streben die Aufhebung dieser Schizophrenie in der konkreten Aneignung des gesellschaftlichen Zusammenhangs durch bewußt und selbstreflexiv handelnde Menschen an.
Die „Arbeit“ ist ihrem Wesen nach die unfreie, unmenschliche, ungesellschaftliche, vom Privateigentum bedingte und das Privateigentum schaffende Tätigkeit. Die Aufhebung des Privateigentums wird also erst zu einer Wirklichkeit, wenn sie als Aufhebung der „Arbeit“ gefaßt wird . (Karl Marx, Über Friedrich Lists Buch „Das nationale System der politischen Ökonomie“, 1845)
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17. Ein Programm der Abschaffungen gegen die Liebhaber der ArbeitMan wird den Gegnern der Arbeit vorwerfen, sie seien nichts als Phantasten. Die Geschichte habe erwiesen, daß eine Gesellschaft, die nicht auf den Prinzipien der Arbeit, des Leistungszwangs, der marktwirtschaftlichen Konkurrenz und des individuellen Eigennutzes basiere, nicht funktionieren könne. Wollt ihr, Apologeten des herrschenden Zustands, also behaupten, daß die kapitalistische Warenproduktion tatsächlich der Mehrheit der Menschen ein auch nur im entferntesten annehmbares Leben beschert hat? Nennt ihr es „funktionieren“, wenn ausgerechnet das sprunghafte Wachstum der Produktivkräfte Milliarden von Menschen aus der Menschheit stößt und sie froh sein dürfen, auf Müllhalden zu überleben? Wenn Milliarden andere das gehetzte Leben unter dem Diktat der Arbeit nur noch ertragen, indem sie sich isolieren und vereinsamen, indem sie ihren Geist genußlos betäuben und physisch wie psychisch erkranken? Wenn die Welt in eine Wüste verwandelt wird, nur um aus Geld mehr Geld zu machen? Nun gut. Das ist in der Tat die Art und Weise, wie euer grandioses System der Arbeit „funktioniert“. Solche Leistungen allerdings wollen wir nicht vollbringen!
Eure Selbstzufriedenheit beruht auf eurer Ignoranz und auf der Schwäche eures Gedächtnisses. Die einzige Rechtfertigung, die ihr für eure gegenwärtigen und zukünftigen Verbrechen findet, ist der Zustand der Welt, der auf euren vergangenen Verbrechen beruht. Ihr habt vergessen und verdrängt, welcher Staatsmassaker es bedurfte, bis den Menschen euer gelogenes „Naturgesetz“ ins Hirn gefoltert war, daß es geradezu ein Glück sei, fremdbestimmt „beschäftigt“ zu werden und sich die Lebensenergie für den abstrakten Selbstzweck eures Systemgötzen aussaugen zu lassen.
Erst mußten alle Institutionen der Selbstorganisation und der selbstbestimmten Kooperation in den alten Agrargesellschaften ausgerottet werden, bis die Menschheit überhaupt in der Lage war, die Herrschaft von Arbeit und Eigennutz zu verinnerlichen. Vielleicht wurde wirklich ganze Arbeit geleistet. Wir sind keine übertriebenen Optimisten. Wir können nicht wissen, ob die Befreiung aus diesem konditionierten Dasein gelingen wird. Es ist offen, ob der Untergang der Arbeit zur Überwindung des Arbeitswahns führt oder zum Ende der Zivilisation.
Ihr werdet einwenden, mit der Aufhebung des Privateigentums und des Zwangs zum Geldverdienen werde alle Tätigkeit aufhören und eine allgemeine Faulheit einreißen. Gebt ihr also zu, daß euer gesamtes „natürliches“ System auf purem Zwang beruht? Und daß ihr deshalb die Faulheit als Todsünde wider den Geist des Arbeitsgötzen fürchtet? Die Gegner der Arbeit jedoch haben überhaupt nichts gegen die Faulheit. Eines ihrer vorrangigen Ziele ist es, die Kultur der Muße wiederherzustellen, die einst alle Gesellschaften kannten und die vernichtet wurde, um ein rastloses und sinnvergessenes Produzieren durchzusetzen. Deshalb werden die Gegner der Arbeit zuerst all die vielen Produktionszweige ersatzlos stillegen, die überhaupt nur dazu dienen, ohne Rücksicht auf Verluste den verrückten Selbstzweck des warenproduzierenden Systems aufrechtzuerhalten.
Wir sprechen nicht nur von den offensichtlich gemeingefährlichen Arbeitsbereichen wie der Auto-, der Rüstungs- und der Atomindustrie, sondern auch von der Produktion jener zahlreichen Sinnprothesen und albernen Belustigungsgegenstände, die den Arbeitsmenschen einen Ersatz für ihr vergeudetes Leben vortäuschen sollen. Verschwinden wird auch die ungeheure Menge jener Tätigkeiten, die überhaupt nur deswegen anfallen, weil die Produktmassen durch das Nadelöhr der Geldform und Marktvermittlung hindurchgepreßt werden müssen. Oder meint ihr, daß noch Buchhalter und Kostenrechner, Marketingspezialisten und Verkäufer, Vertreter und Werbetexter vonnöten sind, sobald die Dinge nach Bedarf hergestellt werden und alle einfach nehmen, was sie brauchen? Und wozu sollte es noch Finanzbeamte und Polizisten, Sozialarbeiter und Armutsverwalter geben, wenn kein Privateigentum mehr geschützt, kein soziales Elend verwaltet und niemand für entfremdete Systemzwänge zugerichtet werden muß?
Wir hören schon den Aufschrei: Die vielen Arbeitsplätze! Jawohl. Rechnet es ruhig einmal aus, wieviel Lebenszeit sich die Menschheit täglich raubt, nur um „tote Arbeit“ aufzuhäufen, Menschen zu verwalten und das herrschende System zu schmieren. Wieviel Zeit wir alle in der Sonne liegen könnten statt uns für Dinge zu schinden, über deren grotesken, repressiven und zerstörerischen Charakter schon ganze Bibliotheken geschrieben wurden. Doch keine Angst. Keinesfalls wird alle Tätigkeit aufhören, wenn die Zwänge der Arbeit verschwinden. Allerdings verändert alle Tätigkeit ihren Charakter, wenn sie nicht mehr in eine selbstzweckhafte und entsinnlichte Sphäre von abstrakten Fließzeiten gebannt wird, sondern ihrem eigenen, individuell variablen Zeitmaß folgen kann und in persönliche Lebenszusammenhänge integriert ist; wenn auch in großen Organisationsformen der Produktion die Menschen selber den Ablauf bestimmen, statt vom Diktat der betriebswirtschaftlichen Verwertung bestimmt zu werden. Warum sich hetzen lassen von den dreisten Anforderungen einer aufgezwungenen Konkurrenz? Es gilt, die Langsamkeit wiederzuentdecken.
Nicht verschwinden werden natürlich auch jene Tätigkeiten der Hauswirtschaft und der Pflege von Menschen, die in der Arbeitsgesellschaft unsichtbar gemacht, abgespalten und als „weiblich“ definiert worden sind. Das Kochen ist ebensowenig zu automatisieren wie das Wickeln von Kleinkindern. Wenn zusammen mit der Arbeit die Trennung der sozialen Sphären überwunden wird, können diese notwendigen Tätigkeiten ins Licht bewußter sozialer Organisation jenseits der geschlechtlichen Zuschreibungen treten. Sie verlieren ihren repressiven Charakter, sobald sie nicht mehr Menschen unter sich subsumieren und je nach Umständen und Bedürfnissen von Männern wie Frauen gleichermaßen verrichtet werden.
Wir sagen nicht, daß jede Tätigkeit dadurch zum Genuß wird. Einige mehr, andere weniger. Natürlich gibt es immer Notwendiges, das getan werden muß. Aber wen wollte das schrecken, wenn das Leben nicht davon aufgefressen wird? Und es wird immer viel mehr geben, was aus freier Entscheidung heraus getan werden kann. Denn die Tätigkeit ist ja ebenso ein Bedürfnis wie die Muße. Nicht einmal die Arbeit hat dieses Bedürfnis ganz auslöschen können, sondern es für sich instrumentalisiert und vampirisch ausgesaugt.
Die Gegner der Arbeit sind weder Fanatiker eines blinden Aktivismus noch eines ebenso blinden Nichtstuns. Muße, notwendige Tätigkeit und freigewählte Aktivitäten müssen in ein sinnvolles Verhältnis gebracht werden, das sich nach Bedürfnissen und Lebenszusammenhängen richtet. Einmal den kapitalistischen Sachzwängen der Arbeit entwunden, können die modernen Produktivkräfte die frei disponible Zeit für alle ungeheuer ausdehnen. Warum Tag für Tag viele Stunden in Fabrikhallen und Büros zubringen, wenn Automaten aller Art uns den größten Teil dieser Tätigkeiten abnehmen können? Warum hunderte menschlicher Körper schwitzen lassen, wenn einige Mähdrescher genügen? Warum Geist auf eine Routine verschwenden, die auch ein Computer ohne weiteres ausführt?
Allerdings kann für diese Zwecke nur der geringste Teil der Technik in seiner kapitalistischen Form übernommen werden. Das Gros der technischen Aggregate ist völlig umzuformen, wurden diese doch nach den bornierten Maßstäben der abstrakten Rentabilität gebaut. Viele technische Möglichkeiten sind andererseits aus demselben Grund gar nicht erst entwickelt worden. Obwohl solare Energie an jeder Ecke gewonnen werden kann, setzt die Arbeitsgesellschaft zentralisierte und lebensgefährliche Kraftwerke in die Welt. Und obwohl schonende Methoden der agrarischen Produktion längst bekannt sind, schüttet das abstrakte Geldkalkül tausenderlei Gifte ins Wasser, zerstört die Böden und verpestet die Luft. Aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen werden Bauteile und Lebensmittel dreimal um den Globus gejagt, obwohl die meisten Dinge ohne große Transportwege leicht vor Ort hergestellt werden können. Ein erheblicher Teil der kapitalistischen Technik ist ebenso sinnlos und überflüssig wie der dazugehörige Aufwand menschlicher Energie.
Wir sagen euch damit nichts Neues. Und doch werdet ihr niemals Konsequenzen aus dem ziehen, was ihr auch selber sehr gut wißt. Denn ihr verweigert euch jeder bewußten Entscheidung darüber, welche Produktions-, Transport- und Kommunikationsmittel sinnvollerweise einzusetzen und welche schädlich oder schlicht überflüssig sind. Je hektischer ihr euer Mantra der demokratischen Freiheit abnudelt, desto verbissener weist ihr die elementarste soziale Entscheidungsfreiheit zurück, weil ihr weiterhin dem herrschenden Leichnam der Arbeit und seinen Pseudo-„Naturgesetzen“ dienen wollt.
Daß die Arbeit aber selbst nicht nur unter den jetzigen Bedingungen, sondern insofern überhaupt ihr Zweck die bloße Vergrößerung des Reichtums ist, ich sage, daß die Arbeit selbst schädlich, unheilvoll ist, das folgt, ohne daß der Nationalökonom (Adam Smith) es weiß, aus seinen eigenen Entwicklungen. (Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, 1844)
Unser Leben ist der Mord durch Arbeit, wir hängen 60 Jahre lang am Strick und zappeln, aber wir werden uns losschneiden. (Georg Büchner, Dantons Tod, 1835)
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18. Der Kampf gegen die Arbeit ist antipolitischDie Überwindung der Arbeit ist alles andere als eine wolkige Utopie. Die Weltgesellschaft kann in der bestehenden Form keine 50 oder 100 Jahre mehr weitermachen. Daß die Gegner der Arbeit es mit dem bereits klinisch toten Arbeitsgötzen zu tun haben, macht ihre Aufgabe freilich nicht unbedingt leichter. Denn je mehr die Krise der Arbeitsgesellschaft sich zuspitzt und alle Reparaturversuche als Fehlschläge enden, desto mehr wächst auch die Kluft zwischen der Vereinzelung der hilflosen sozialen Monaden und den Anforderungen einer gesamtgesellschaftlichen Aneignungsbewegung. Die zunehmende Verwilderung der sozialen Verhältnisse in großen Teilen der Welt zeigt, daß sich das alte Arbeits- und Konkurrenzbewußtsein auf immer niedrigerem Niveau fortsetzt. Die schubweise Entzivilisierung scheint trotz aller Impulse eines Unbehagens im Kapitalismus die naturwüchsige Verlaufsform der Krise zu sein.
Gerade bei derart negativen Aussichten wäre es fatal, die praktische Kritik der Arbeit als umfassendes gesamtgesellschaftliches Programm hintanzustellen und sich darauf zu beschränken, eine prekäre Überlebenswirtschaft in den Ruinen der Arbeitsgesellschaft zu errichten. Die Kritik der Arbeit hat nur eine Chance, wenn sie gegen den Strom der Entgesellschaftung ankämpft, statt sich davon mitreißen zu lassen. Aber zivilisatorische Standards sind nicht mehr mit der demokratischen Politik zu verteidigen, sondern nur noch gegen sie.
Wer die emanzipatorische Aneignung und Transformation des kompletten gesellschaftlichen Zusammenhangs anstrebt, kann schwerlich die Instanz ignorieren, die bislang dessen Rahmenbedingungen organisiert. Es ist unmöglich, gegen die Enteignung der eigenen gesellschaftlichen Potenzen zu rebellieren, ohne sich mit dem Staat zu konfrontieren. Denn der Staat verwaltet nicht nur ungefähr die Hälfte des gesellschaftlichen Reichtums, er sichert auch die zwanghafte Unterordnung aller gesellschaftlichen Potentiale unter das Gebot der Verwertung. Sowenig die Gegner der Arbeit Staat und Politik ignorieren können, ebensowenig ist mit ihnen Staat und Politik zu machen.
Wenn das Ende der Arbeit auch das Ende der Politik ist, dann wäre eine politische Bewegung für die Aufhebung der Arbeit ein Widerspruch in sich. Die Gegner der Arbeit richten Forderungen an den Staat, aber sie bilden keine politische Partei und sie werden auch keine bilden. Der Zweck der Politik kann es nur sein, den Staatsapparat zu erobern, um mit der Arbeitsgesellschaft weiterzumachen. Die Gegner der Arbeit wollen daher nicht die Schaltzentralen der Macht besetzen, sondern sie ausschalten. Ihr Kampf ist nicht politisch, sondern antipolitisch.
Untrennbar sind Staat und Politik der Moderne mit dem Zwangssystem der Arbeit verquickt und deshalb müssen sie zusammen mit diesem verschwinden. Das Gerede von einer Renaissance der Politik ist nur der Versuch, die Kritik des ökonomischen Terrors auf ein positiv staatsbezogenes Handeln zurückzuzerren. Selbstorganisation und Selbstbestimmung aber sind das genaue Gegenteil von Staat und Politik. Die Eroberung sozial-ökonomischer und kultureller Freiräume vollzieht sich nicht auf dem politischen Umweg, Dienstweg und Irrweg, sondern als Konstitution einer Gegengesellschaft.
Freiheit heißt, sich weder vom Markt verwursten noch vom Staat verwalten zu lassen, sondern den gesellschaftlichen Zusammenhang in eigener Regie zu organisieren – ohne Dazwischenkunft entfremdeter Apparate. In diesem Sinne geht es für die Gegner der Arbeit darum, neue Formen sozialer Bewegung zu finden und Brückenköpfe einzunehmen für eine Reproduktion des Lebens jenseits der Arbeit. Es gilt, die Formen einer gegengesellschaftlichen Praxis mit der offensiven Verweigerung der Arbeit zu verbinden.
Mögen die herrschenden Mächte uns für verrückt erklären, weil wir den Bruch mit ihrem irrationalen Zwangssystem riskieren. Wir haben nichts zu verlieren als die Aussicht auf die Katastrophe, in die sie uns hineinsteuern. Wir haben eine Welt jenseits der Arbeit zu gewinnen.
Proletarier aller Länder, macht Schluß!
Juni 1999
Herausgeberin: Zeitschrift Krisis – Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft